nd-aktuell.de / 03.03.2017 / Berlin / Seite 10

Feminismus sichtbar machen

Mit »Feminism unlimited« startet eine neue Online-Plattform für politische Aktionen

Ellen Wesemüller

Der Feminismus steht unter Beschuss - nicht nur von religiösen Strömungen und Neuer Rechten. Um die Sichtbarkeit feministischer Kämpfe zu verbessern, haben zwei Berliner Gruppen nun eine Online-Plattform[1] geschaffen, auf der politisch Engagierte ihre Aktivitäten veröffentlichen können. So soll es einerseits ein besseres Bild über das Angebot geben, andererseits soll damit eine Möglichkeit geschaffen werden, miteinander ins Gespräch zu kommen.

Initiiert haben »feminism unlimited« zwei Berliner Gruppen: »she*claim«, eine queerfeministische Aktionsgruppe, und die Regionalgruppe der »Interventionistischen Linken«. Ziel ist, dass auch kleine Aktionen dokumentiert und feministische Inhalte geteilt werden. Dies gilt auch der Selbstermächtigung: »Man gibt sich gegenseitig Aufmerksamkeit - und fühlt sich empowert«, sagt Tanja Gäbelein von »feminismn unlimited«.

Zum Jahrestag der Kölner Silvesternacht ging die Webseite ins Netz - ein Tag, der für die Gruppe symbolhaft dafür steht, wie sich in feministische Argumentationen rassistische Töne einschlichen. »Muslimische Männer grundsätzlich als Sexualstraftäter anzusehen - da machen wir nicht mit«, sagt Gäbelein.

Zu einem ersten offenen Treffen im Februar kamen über 50 Teilnehmer. »Das hat uns sehr positiv gestimmt«, so Gäbelein. Der erste Beitrag auf der Webseite sei über tausend Mal geklickt worden, per E-Mail habe es viele Rückmeldungen zu den veröffentlichten Texten gegeben, auch kritische.

Angesprochen fühlen sollen sich alle - zumindest fast: »Alice Schwarzer wollen wir nicht dabei haben - also Leute, die sich rassistisch äußern«, sagt Gäbelein. »Aus meiner Sicht ist sie keine Feministin.«

Netzaktivistinnen wie Anne Wizorek hingegen »finden wir super«, sagt Gäbelein. Doch auch dem Netzaktivismus fehle etwas: die Verbindung mit der Straße. Diese Lücke will nun die Webseite füllen. Im Moment können Interessierte der Gruppe ihre Termine, Aktionen und Texte mailen, in Zukunft sollen sie auch einen eigenen Zugang zur Internetseite bekommen können.

Ein Blick auf die Webseite zeigt, dass sich bereits einige Gruppen am Austausch beteiligen, so die Jugendantifa Kreuzberg und die Falken. Zu hören sind Audiomitschnitte von Veranstaltungen, zu sehen Videos von spoken-word Künstlerinnen. Auch eine Bücherkiste mit feministisch-antirassistischer Literatur kann man bestellen.

Die Macher gehen davon aus, dass Antifeminismus ein wichtiger Bestandteil neurechter Ideologie ist. Damit ist auch die AfD gemeint. Selbst wenn sie, wie im Berliner Wahlprogramm, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf eintreten. Dies ziele nicht auf die Emanzipation, sondern auf weiß-deutsche Akademikerinnen, die der »demografische Fehlentwicklung« entgegensteuern sollen, sagt Gäbelein. »Wir wollen einen Feminismus verteidigen, der antirassistisch ist.« Mit der Webseite wollen die Aktivisten so auch klassische Aufklärungsarbeit leisten: in den gesellschaftlichen Diskurs eingreifen und ihn langfristig verschieben.

Der Namensteil »unlimited«, grenzenlos, steht nicht nur dafür, dass das Projekt über die Stadtgrenze hinaus wirken will, auch, wenn es hier prominente antifeministische Proteste wie den »Marsch fürs Leben« gibt, zu dem 2016 über 6000 Abtreibungsgegner anreisten. Grenzenlos heißt auch, dass sich nicht nur Akademiker beteiligen sollen. »Wir wollen nicht, dass andauernd mit Fachbegriffen durch die Gegend geworfen wird«, sagt Gäbelein.

Links:

  1. http://www.feminism-unlimited.org