nd-aktuell.de / 11.03.2017 / Politik / Seite 2

Der Reiselustige

Personalie

Kerstin Ewald

Einmal Bremerhafen-Tanger mit dem Frachtschiff möchte der 44-jährige Olper Stadtverordnete Kai Bitzer reisen - finanziert von der rechtsradikalen Partei der III.Weg. Kostenpunkt: 2200 Euro.

Der Olper Vorsitzende der Nazi-Kleinstpartei mag sich am Hinterkopf gekratzt haben, als er das Einschreiben des gewitzten Stadtrats Bitzer las. Die Vorlage für dessen Forderung hatte der III. Weg selbst geliefert und zwar mit einer propagandistischen Postkartenaktion Mitte letzten Jahres: Da hatten die rechten Aktivisten Gutscheine für die Ausreise »aller Überfremdungsbefürworter Richtung Afrika« verschickt. »Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen«, war über dem Foto eines überladenen Flüchtlingsbootes zu lesen.

Mit der Versendung von »Ausreisegutscheinen« sollten offensichtlich Menschen eingeschüchtert werden, die sich wie Bitzer in der Flüchtlingsunterstützung verdient gemacht hatten. Auch als Mitorganisator einer antifaschistischen Demonstration hatte er wohl die Aufmerksamkeit der Rechten auf sich gezogen. Einige Adressaten hatten Anzeige wegen Nötigung gestellt - allerdings ohne gerichtliche Folgen.

Bitzer ist bislang der einzige, der die versprochene Interkontinental-Reise antreten möchte. Weil vom III.Weg auch auf sein zweites Schreiben keine Reaktion kam, reichte er vor rund drei Wochen Klage beim Amtsgericht ein.

Der eigenwillige Stadtverordnete ist ein Wildwuchs in der Olper Parteienlandschaft. Nachdem er in seinen Zwanzigern im Zuge einer früheren Cannabisdebatte der Jungen Union den Rücken gekehrt hatte, ist Bitzer erst kürzlich bei den Grünen ausgeschieden. Viele grüne TierfreundInnen fühlten sich von seinem Hobby - er geht in seiner Freizeit ab und zu zur Jagd - abgestoßen. Verlassen hat er sie jetzt unter anderem wegen seines Dissenses mit dem Landesjagdgesetz. Bitzer, der regelmäßig mit Hund Flocke durch das heimische Sauerland stapft, sieht sich selbst als heimatverbundenen Menschen. Ein Patriot sei er nicht: »Das ist doch dieses komische Wort, zusammengesetzt aus Patriarch und Idiot«, frotzelt er.