nd-aktuell.de / 14.03.2017 / Brandenburg / Seite 12

Die Stille nach dem Unfalltod

Verkehrsministerin präsentierte zwei neue Kinospots der Kampagne »Lieber sicher. Lieber leben«

Wilfried Neiße

Was die Aufmerksamkeit im Straßenverkehr betrifft, gibt es nicht die eine Aktion, die alle Menschen für alle Zeit zu vernünftigem Handeln erzieht. »Wir müssen das immer und immer wieder tun, wir müssen dies als dauerhafte Aufgabe begreifen«, sagte Verkehrsministerin Kathrin Schneider (SPD), als sie am Montagmorgen im Potsdamer Kino »Thalia« die beiden neuen Werbespots im Rahmen der Verkehrssicherheitskampagne »Lieber sicher. Lieber leben« vorstellte.

Dass Anfang der 1990er Jahre die Zahl der Verkehrstoten in Brandenburg bei rund 900 im Jahr gelegen hat und im vergangenen Jahr noch 120 Menschen auf den Straßen des Bundeslandes gestorben sind, sei als Tendenz schon »ein sehr gutes Ergebnis«, fuhr die Ministerin fort. Aber natürlich seien dies »immer noch zu viele«, gab sie sich selbst die Antwort auf die Frage: »Warum machen wir das?« So erfreulich die gesunkene Zahl der Verkehrstoten sei - jedes Opfer bedeute auch schreckliches Leid für Angehörige und Freunde. Außerdem habe die Zahl der Verletzten im vergangenen Jahr wieder zugenommen. Deshalb freue sie sich, dass die brandenburgische Verkehrssicherheitskampagne 20 Jahre durchgehalten habe und auch der Anspruch, immer mit etwas Neuem und Zeitgemäßem aufzuwarten. Denn Menschen sollten erreicht werden. Auch sei zu begrüßen, sagte Schneider, dass die Potsdamer Filmuniversität »Konrad Wolf« dabei ein verlässlicher Partner gewesen sei. In zwei Jahrzehnten habe es 13 Kinospots gegeben, also Filme von wenigen Minuten, die auf das Thema Vorsicht im Straßenverkehr hingewiesen haben und auch betroffen machen sollten. Schneider sagte vor der Vorführung: »Ich bin mir sicher, dass die Jury auch diesmal gut ausgewählt hat.«

Sie präsentierte zwei neue Kinospots der Regisseure Andreas Boschmann und Jonas Ludwig Walter. Boschmanns Film zeigt, wie sich ein Autofahrer während der Fahrt eine »Brille« aufsetzt, mit der er nicht etwa besser sehen kann, sondern die ihm eine virtuelle Glitzerwelt vorspiegelt. Das kostet ihn das Leben. Vielleicht ist diese Darstellung ja eine Spur zu abwegig und abstrus, aber der Produzent des Streifens, Student Philipp Sindermann, sagte, der Kurzfilm habe das Thema Ablenkung thematisieren wollen. Die Brille verkörpere den Zeitgeist, den Zug in virtuelle Welten, in Scheinwelten, der vor allem junge Menschen erfasse und ihnen den Blick für die Realität raube. Sindermann warne davor, mit Smartphone und Tablett in eine fiktive Welt abzutauchen und sich dem Rausch eines Spiels zu ergeben in Momenten, in denen die Aufmerksamkeit anderen Dingen gelten müsse.

Beeindruckend ist der zweite Kurzfilm von Jonas Ludwig Walter, bei dem die Kamera nichts anders tut, als lautlos die Arbeit von Polizei und Rettungskräften nach einem tödlichen Unfall einzufangen. Der Zuschauer hört dabei die Stimmen der nächsten Angehörigen auf der Anrufbox des Mobiltelefons einer bei dem Unfall gestorbenen Frau. Stimmen, die erst lustig, dann fragend und schließlich verzweifelt werden. Und dann ist es nur noch still.

Die Filmuniversität hatte Studierende im vergangenen Jahr dazu aufgefordert, Ideen zum Thema »Ablenkung im Straßenverkehr« einzureichen. Die besten drei wurden mit 500 Euro prämiert, die beiden Sieger bekamen noch einmal 1000 Euro und den Auftrag, ihre Filmideen umzusetzen. Gefördert vom Land, werden die beiden Kurzfilme in 20 Kinos des Landes gezeigt. Die Kampagne »Lieder sicher. Lieber leben« wendet sich an Vorschulkinder, Grundschüler, Jugendliche, Erwachsene und Senioren.