Wo die Puppen nie aufhören zu tanzen

Besuch in der Werkstatt von Karin Heym und im Kreismuseum Elbe-Elster in Bad Liebenwerda

  • Anna Ringle
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn Karin Heym eine ihrer selbstgebauten Puppen in die Hand nimmt, verändern sich sofort ihre Gesichtszüge und ihre Stimme. Mal lacht sie keck, mal spricht sie sanft. Seit Jahrzehnten fertigt die Frau Puppen und tritt damit auf. Ihre Werkstatt in Doberlug-Kirchhain ist ein echter Fundus. In der Elbe-Elster-Region wird das Puppenspiel seit Jahrhunderten gepflegt.

Puppenköpfe mit Wuschelhaaren und fratzenhaftem Blick sind an Holzstäben befestigt. Künstliche blaue Augen mit Wimpern stecken in einem Schaumstoff-Behälter. Die 72 Jahre alte Puppenbauerin öffnet in ihrer gemütlichen Werkstatt einen Koffer: Stabpuppen, Marionetten, Stockpuppen. Sie alle hat Heym gebaut und zu allen fallen ihr Geschichten ein. »In dem Moment, wenn ich eine Figur auf der Hand habe, fängt sie an zu leben«, sagt sie.

Die freundliche ältere Dame mit roten Haaren war Kindergärtnerin und gründete in den 1960er Jahren in Cottbus eine Amateurpuppenspielgruppe. Als Kindergärtnerin habe sie eine Weiterbildung rund um das Puppenspiel gemacht und sei seither nicht mehr davon losgekommen, erzählt sie. Sie schrieb Kinderstücke, führte Regie und baute die Puppen. Noch heute fährt die Rentnerin hobbymäßig mit einer mobilen Puppenbühne durch Südbrandenburg und auch nach Sachsen. Sie tritt in Schulen und auf Weihnachtsfeiern auf. »Ich spiele gerne böse Rollen«, sagt die 72-Jährige und lacht. Die seien besonders interessant.

In der Elbe-Elster-Region gibt es viele Bezüge zum Puppenspiel. Die Gegend gilt als Wiege des mitteldeutschen Wandermarionettentheaters. Das Kreismuseum in Bad Liebenwerda zeigt einen historischen Überblick. Es gibt Fotos von Familien, die mit ihren Pferdewagen durch die Gegend zogen. Die fahrenden Theatergruppen lebten in Orten wie Saathain, wie Museumsleiter Ralf Uschner berichtet. Viele Puppenspielerfamilien seien hier in der Gegend vor etwa 250 Jahren sesshaft geworden.

Dokumente und vor allem viele Puppen sind in der Dauerausstellung zu sehen. Auch das Marionettenhandwerk wird erklärt. Die Puppenspielerfamilien traten auf Marktplätzen oder in Gaststätten auf, erläutert Uschner. Er selbst habe das zu DDR-Zeiten als Kind noch erlebt.

Jährlich zieht es viele Puppenspieler aus dem In- und Ausland ins Elbe-Elster-Land. Die 19. Ausgabe des Internationalen Puppentheaterfestivals ist für September geplant. Motto ist dieses Mal die Reformation.

Das Kreismuseum könnte bald mehr Aufmerksamkeit erhalten. Vor einiger Zeit kam eine private Sammlung aus Franken mit rund 2000 Puppen hierher. Es ist ein Querschnitt durch das Puppenspiel auf der ganzen Welt. Ein vietnamesisches Wassertheater ist ebenso dabei wie Ritterfiguren eines sizilianischen Marionettentheaters und viele Handpuppen und Marionetten aus Deutschland und Europa. In diesem Jahr soll ein erweitertes Ausstellungskonzept erarbeitet werden, sagt Uschner. dpa

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