nd-aktuell.de / 27.03.2017 / Politik / Seite 7

Trump ausgebremst und mit leeren Händen

Zerrissene Republikaner konnten »sozialistische« Gesundheitsversorgung nicht schleifen - jetzt droht Sabotage in kleinen Schritten

Max Böhnel, New York

Obamacare, die von Trumps Vorgänger eingeführte Gesundheitsreform bleibt bestehen. »Besiegt, ausgebremst und mit leeren Händen« stehe Trump nach seinem ersten Probelauf im Kongress dar, schrieb das Magazin »Politico«. Der »tolle Deal«, den er in Twittermeldungen mehrfach versprochen hatte, löste sich in Luft auf. Auch die »New York Times« machte sich um den wirkungslosen »Dealmaker Trump« lustig. Die rechtsextreme Webseite »Breitbart News« setzte dagegen empört ein Gleichheitszeichen zwischen Trump und Obama.

Trump hatte im Wahlkampf großspurig angekündigt, er werde die Krankenversicherung an seinem ersten Tag im Amt abschaffen und mit etwas »Besserem« ersetzen. Die Wahlergebnisse vom November - das Weiße Haus unter Trump und beide Republikaner-dominierten Kongresskammern - schienen der Garant für die schnelle Abschaffung der staatlichen Krankenversorgung für die Ärmsten zu sein. Doch daraus wurde nichts. Die Republikaner zogen ihren Gegenentwurf am Freitag kurz vor der geplanten Abstimmung im Repräsentantenhaus, der ersten parlamentarischen Hürde, zurück. Denn eine Mehrheit war nicht absehbar. Der Sprecher der Kammer, Paul Ryan hatte Trump kurz davor informiert.

Seit Jahren hatte der Ruf nach »Repeal Obamacare« die Republikaner-Partei zusammengeschweißt. Denn sowohl für die Mainstream-Konservativen wie für die rechtsextremen Tea-Party-Anhänger, die die Partei vor sich hertrieben, war die Abschaffung der »sozialistischen« Gesundheitsversorgung eine Kernforderung. Nun müssen sie sich mit dem Teufelszeug weiter abfinden - vorerst.

Für den republikanischen »Rohrkrepierer«, wie es in Kommentaren hieß, gibt es zwei Gründe. Zum einen spielten die wochenlangen Demonstrationen bei Townhall-Veranstaltungen, in denen Republikaner-Abgeordnete von empörten Bürgern ausgebuht und für ihre Unterstützung für Trumps »Reform« Rede und Antwort stehen mussten, eine Rolle. Denn sie fürchteten um ihre Wiederwahl. Andererseits übten sich Rechtsaußen-Republikaner mit libertärer Gesinnung in Fundamentalopposition. Diese ideologischen Hardliner sind im parteiinternen »Freedom Caucus« organisiert. Ihnen ging selbst »Trumpcare«, die Schleifung von Obamacare, nicht weit genug. Sie wollen überhaupt keine Gelder für die Gesundheitsversorgung der Schwächsten ausgeben, stellen sich radikal gegen staatliche Ausgaben und wollen alles - außer dem Militär und der Polizei - den Marktkräften überlassen.

Laut Medienberichten gab die Kombination aus Pragmatikern und Fundamentalisten in der Partei zahlenmäßig den Ausschlag. Gut zwei Dutzend Abgeordnete aus den beiden unterschiedlichen Lagern verweigerten deshalb dem Republikaner-Entwurf ihre Zustimmung.

Wie es innerhalb der zerrissenen Partei in Bezug auf die Entwürfe von Trump weitergeht, ist unklar. Dass Trump in punkto Abschaffung von Obamacare durchaus noch Optionen hat, unterstrich das konservative »Wall Street Journal« in seiner Samstagsausgabe. Unter Umgehung des lästigen Kongresses könne er von oben herab mit Verordnungen und Richtlinien durchregieren, hieß es. So soll sein Gesundheitsminister Tom Price bereits erkunden, ob Obamacare in kleinen Schritten sabotiert werden kann. Die Zeitung zitierte einen Experten, der von bewussten Einwirkungen auf die Versicherer sprach, um diese per Dekret zu härteren Bedingungen für Versicherte zu zwingen.

Unterdessen kündigte Vizepräsident Mike Pence am Samstag in einer Rede das nächste große politische Projekt an, eine Steuerreform. Aber auch hier deuten sich Risse bei den Republikanern an. Der Einzelhandel lehnt Trumps Pläne ab, die Exportindustrie unterstützt sie.