nd-aktuell.de / 29.03.2017 / Ratgeber / Seite 22

Ärzte müssen Wahlleistungen anbieten

IGeL

Die Freie Ärzteschaft (FÄ) kritisiert solche pauschale Schelte als unsachgemäß. »Rechtlich ist der Arzt oftmals sogar dazu verpflichtet, dem Patienten medizinische Wahlleistungen anzubieten«, sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich.

Gibt es einen Hinweis auf eine mögliche Erkrankung und reichen die von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlten Untersuchungen nicht aus, um diesem genau nachzugehen, muss der Arzt auch geeignete Untersuchungen anbieten, die der Patient selbst bezahlen müsste.

Damit sind Untersuchungen gemeint, die nach den Leitlinien und dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand dem sogenannten Facharztstandard entsprechen. Das Gleiche gilt für Behandlungsmethoden, die Alternativen zu Kassenleistungen darstellen oder die den Krankheitsverlauf verbessern, aber privat bezahlt werden müssen.

»Andernfalls macht sich der Arzt unter Umständen strafbar«, so der FÄ-Vorsitzende. »Unterlässt er zumindest das Angebot und klärt den Patienten nicht vollständig über alle geeigneten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auf, kann das als Kunstfehler gewertet werden - das haben Gerichte in einigen Urteilen bereits klargestellt.«

Denn die Berufsordnung der Ärzte verlangt eine fachgerechte ärztliche Tätigkeit nach bestem Wissen und Gewissen. Auch das Patientenrechtegesetz lässt keinen Zweifel: »Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen ...«

Wieland Dietrich erläutert, was das heißt: »Ärzte müssen ihre Patienten stets unabhängig von den Interessen Dritter - also auch von Wünschen oder Einschränkungen der Krankenkassen - behandeln beziehungsweise ihnen alle geeigneten Behandlungen und Untersuchungen anbieten, auch wenn es Privatleistungen sind.«

Häufig notwendige und sinnvolle Wahlleistungen sind etwa die Auflichtmikroskopie in der Hautkrebsvorsorge, die optische Kohärenztomografie in der Augenheilkunde oder Ultraschalluntersuchungen in der Allgemeinmedizin - also beim Hausarzt - und in der Frauenheilkunde.

»Besonders bei Vorsorgeuntersuchungen ist zu berücksichtigen, dass der Patient ja gerade deshalb kommt, um eine Erkrankung in jedem Fall auszuschließen«, betont Wieland Dietrich. Hier gehe es um die patientenindividuelle Sicherheit in jedem Einzelfall und nicht um Statistik oder wirtschaftliche Effizienzberechnungen. dpa/nd