Rio de Janeiro. Neue Runde im Machtkampf in Venezuela: Das Oberste Gericht hat dem von der bürgerlichen Opposition dominierten Parlament seine Kompetenz entzogen. Zugleich entschieden die Richter nach Medienberichten vom Donnerstag, dass ab sofort der Oberste Gerichtshof selbst die Entscheidungsbefugnisse der Parlamentarier übernimmt.
Seit Jahren liefern sich die sozialistische Regierung unter Präsident Nicolás Maduro und die Opposition einen erbitterten Machtkampf. Die Opposition wirft den Obersten Richtern vor, stets im Sinne der sozialistischen Regierung zu urteilen. Das Oppositionsbündnis MUD drängt auf eine Absetzung des umstrittenen Staatschefs.
Das Urteil bedeutet, dass ab sofort alle Entscheidungen des Parlaments als hinfällig betrachtet werden, wie die Zeitung »El Universal« berichtete. Zur Begründung des Urteils erklärte das Oberste Gericht, dass sich die Parlamentsmehrheit nicht an die gesetzlichen Regelungen halte und Entscheidungen der Justiz missachte. Unter anderem habe das Parlament drei Abgeordnete aufgenommen, obwohl deren Wahl vor Gericht angefochten worden sei.
Die Entmachtung des Parlaments ist laut dem Gerichtsentscheid zeitlich unbegrenzt. Bereits zu Wochenbeginn hatten die obersten Richter die Immunität der Parlamentarier aufgehoben. Viele Oppositionelle befürchten, dass die Behörden nun Strafverfolgungen ausweiten. Mehrere Oppositionspolitiker sitzen wegen des Aufrufs zu gewalttätigen Demonstrationen oder wegen angeblicher Umsturzpläne im Gefängnis.
Venezuela durchlebt unter anderem wegen des Ölpreisverfalls eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise. Ein großer Teil der Venezolaner hat mit Engpässen bei der Versorgung mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln zu kämpfen. Die konservative Opposition wirft der Regierung Misswirtschaft und einen diktatorischen Regierungsstil vor. Präsident Maduro beschuldigt die Opposition, mit einem Wirtschaftskrieg und ausländischer Unterstützung eine Umsturzstimmung im Land zu provozieren. epd/nd
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1046557.venezuela-gerichtshof-entmachtet-parlament.html