nd-aktuell.de / 07.04.2017 / Kultur / Seite 14

Nicht mal 40 Jahre

Porträt einer Kommunistin: Judith Auer

Horst Helas

Die Publikationsreihe, in der dieses, zur Lektüre wärmstens empfohlene, Porträt erschien, sieht sich verpflichtet, prominente, aber vor allem auch weniger bekannte Funktionäre der deutschen Arbeiterbewegung wieder in Erinnerung zu bringen. Das Spektrum reicht von Ferdinand Lassalle und Moses Hess bis Ruth Fischer und Arthur Pieck - und schließt auch Judith Auer ein. Das Grundanliegen des Verlages und seiner Autoren kann nur unterstützt werden. Die deutsche Arbeiterbewegung, mittlerweile ein Stiefkind der institutionellen Forschung, erhält Gestalt und Gesicht. Gewürdigt werden Menschen in ihren Stärken und Schwächen, Fehler und Irrtümer werden nicht verschwiegen.

Der Vorzug der vorliegenden Lebensbeschreibung ist es, dass nicht nur die Abfolge der politischen Tätigkeiten rekapituliert wird, vielmehr kommt Judith Auer selbst mittels privater Briefe, Tagebuchnotizen und anderer Dokumente zu Wort. Neu sind die im Nachlass einer befreundeten Pfarrerfamilie von der Insel Hiddensee aufgefundenen Briefe. Der Leser kann sich so wesentlich anschaulicher ein intimes und differenzierteres Bild von der Lebensauffassung Judith Auers machen. Ihr politisches Handeln wird eingebettet in die Schilderung des Alltags einer jungen Frau, die im Dienst der Partei und des Kampfes gegen Hitler ihre künstlerischen Ambitionen zurückstellte. Berichtet wird über die liebevolle Zuwendung einer jungen Mutter zu ihrer 1929 geborenen Tochter und die Mühen um den täglichen Broterwerb. Die Autoren informieren über Freundschaften, etwa mit Aenne Weiß (später verheiratete Saefkow), sowie unbeschwerte Ausflüge in die Natur, Singabende und regen Gedankenaustausch. Deutlich wird, wie sich ab 1933, mit Hitlers Machtantritt, die Bedingungen für Leben und Arbeit einer Kommunistin wie generell für alle Linken und Antifaschisten jäh veränderten.

Judith Auer blieb ihrer Gesinnung treu, half selbstlos und aufopferungsvoll in Not geratenen Gesinnungsgenossen und war in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis hoch respektiert. Selbst die Ankläger im Hochverratsprozess vor dem Volksgerichtshof im September 1944 konnten nicht umhin einzugestehen, dass sie eine außergewöhnlich mutige, äußerlich gefasste junge Frau vor sich hatten, die auch nach der Bekanntgabe des Todesurteils nicht von ihrer Haltung abwich. Ein Gnadengesuch wurde abgelehnt. Am 27. Oktober 1944 wurde Judith Auer hingerichtet. Sie war noch keine 40 Jahre alt.

Ruth und Günter Hortzschansky: Möge alles Schmerzliche nicht umsonst gewesen sein. Vom Leben und Tod der Antifaschistin Judith Auer 1905 - 1944. Trafo Verlag. 146 S., br., 22,80 €.