nd-aktuell.de / 08.04.2017 / Wissen / Seite 26

Schokolade aus Jackfrucht?

Einige Inhaltsstoffe der Samen der tropischen Frucht gleichen Aromastoffen des Kakaos. Von Michael Lenz

Michael Lenz

Das kann ich mir gut vorstellen.« Hans Fritschi ist ganz angetan von der Idee brasilianischer und britischer Forscher, statt der Kakaobohnen die Kerne der Jackfrucht zur Herstellung von Schokolade zu benutzen. Der 60-jährige ehemalige Journalist kennt sich aus mit Kakao und Jackfrucht. In seinem »Discovery Garden« in Huay Yai in der Nähe von Pattaya (Thailand) zieht der Schweizer Kakaopflanzen und hat auch diese Jackfrucht-Bäume aus der Familie der Maulbeergewächse gepflanzt. »Jackfrucht-Bäume sind sehr produktiv«, erzählt Fritschi beim Spaziergang durch seinen Garten. »Selbst auf schlechten Böden wachsen sie sehr schnell und produzieren Früchte in großen Mengen.«

Immer mehr Menschen haben Lust auf Schokolade und können sich diese süße Leckerei auch leisten. Etwa 3,7 Millionen Tonnen Kakao werden derzeit jährlich produziert. 2020 könnte der Bedarf schon bei 4,5 Millionen Tonnen liegen. Experten unken jedoch, dass die Kakaoproduktion in den klassischen Anbaugebieten Südamerikas, Asiens und Afrikas nicht mit der wachsenden Nachfrage Schritt halten kann.

Schokolade könnte also trotz des aktuellen Preiseinbruchs für Kakao mittelfristig zu einem teuren Luxusprodukt werden, wenn sich kein geeigneter Ersatz findet, der ähnliche Aroma- und Geschmacksstoffe wie der Kakao besitzt. Da kommt die grüne, bis zu 30 Kilo schwere Jackfrucht ins Spiel. Genauer gesagt ihre schwarz-braunen Samen, die zwischen dem gelben, sehr süßen Fruchtfleisch unter der dicken, mit einer Art Noppen bewachsenen Schale stecken.

Die Jackfrucht gedeiht in Asien, Afrika, Südamerika und Australien. Das feste, leicht klebrige Fruchtfleisch der direkt aus dem Stamm wachsenden Früchte wird in rohem, reifem Zustand als Obst und Süßspeise verzehrt. Die Samen der Jackfrucht sind aber erst gekocht oder geröstet genießbar, zum Beispiel als Einlage in indischen Curry-Gerichten. In anderen asiatischen Länden werden sie zu Mehl verarbeitet. Nur in Brasilien, dem größten Kakaoproduzenten Amerikas, gilt der Jackfrucht-Samen einfach nur als Abfall.

Die brasilianische Forscherin Fernanda Papa Spada kam auf die Idee, die Jackfrucht-Samen auf ihre Brauchbarkeit als Kakaoersatz zu untersuchen. Von der Fermentierung bis zur Säurebehandlung unterzog das Team der Wissenschaftlerin von der Methodisten-Universität Piracicaba (Bundesstaat São Paulo) die Jackfrucht-Samen einer Reihe von Behandlungen. Die entstehenden 27 Mehlarten wurden dann verschieden lang und bei unterschiedlichen Temperaturen geröstet.

Mithilfe der Gaschromatografie mit Massenspektrometrie-Kopplung und von Geschmackstests wurden Stoffe wie etwa 2-Phenylethylacetat identifiziert, die mit Schokoladenaromen assoziiert werden. »Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass die Jackfrucht-Samen Schokoladenaromen produzieren können und ein potenzieller Ersatz für das Aroma von Kakaopulver oder Schokolade sein können«, hieß es in einer Mitteilung zur Publikation im Fachblatt »Journal of Agricultural and Food Chemistry«.

Richard Hartel sieht die Forschung von Spada mit einer Portion Skepsis, auch wenn er sie in einer E-Mail an das »nd« als »interessant« bezeichnet. Darin betont der Professor für Lebensmitteltechnik und Experte für Süßes an der Universität Wisconsin aber auch: »Das komplexe Aroma der Schokolade kommt von einer großen Zahl verschiedener Moleküle, von denen viele sehr schwach ausgeprägt sind. Dieses Aroma nachzuahmen hat sich für Chemiker bisher als schwierig erwiesen. Es wäre ziemlich bemerkenswert, wenn der Geschmack dieser gerösteten Jackfrucht-Bohnen tatsächlich nicht von dem gerösteter Kakaobohnen unterscheidbar wäre.«

Bevor also eine Kakaobohnenknappheit durch Jackfrucht-Kerne kompensiert werden kann, müssen die Wissenschaftler noch viel in ihren Laboren experimentieren. Im Erfolgsfall sind dann die Marketingabteilungen der Schokohersteller gefragt. Denn in Europa, in den USA und anderen Ländern regeln Kakaoverordnungen, was sich Schokolade nennen darf und was nicht. Hartel dazu: »Jedes schokoladenartige Produkt, das welchen Anteil dieser Bohnen auch immer enthält, müsste anders genannt werden.«