nd-aktuell.de / 10.04.2017 / Politik / Seite 20

Im Tunnel mit Kreisverkehr unter dem Nordatlantik

Färöer bohren elf Kilometer lange unterseeische Verbindung zwischen zwei Inseln

Andreas Knudsen, Kopenhagen

Seit den Zeiten der Wikinger bis zur Einführung der Satellitennavigation sind die Berge der Färöer eine wichtige Landmarke für Seefahrer gewesen. Sie wurden benutzt, um den Kurs nach Island, Norwegen oder den britischen Inseln zu justieren. Die Inseln sind lang und schmal und von Buchten und Fjorden durchschnitten. Für heutige Autofahrer sind sie eher Hindernisse, die zu umfahren oder in Serpentinen hochzusteuern Zeit kostet. Mobilität steht auch im Nordatlantik hoch im Kurs. Viele Einwohner der kleinen Siedlungen der Inseln pendeln täglich zur Arbeit über mehrere Inseln hinweg. Schnee, Nebel, stundenlanger Nieselregen oder Sturm setzen aber Grenzen dafür, wann und wie schnell man fahren kann.

Deshalb kommen natürlich die Pläne der Autonomieregierung, das Tunnelnetz zu erweitern, um Wege zu verkürzen und weitere Inseln an das Straßennetz anzuschließen, in der Bevölkerung gut an. Ministerpräsident Aksel V. Johannesen gab nun den Startschuss für die Bauarbeiten, die in vier Jahren abgeschlossen werden sollen. Der elf Kilometer lange Tunnel wird die Hauptinsel Streymoy mit der nordöstlich gelegenen Insel Esturoy verbinden. Ungewöhnlich am Tunnelbau ist es, dass der Tunnel kurz vor Esturoy einen Kreisverkehr haben wird. Hier kann der Autofahrer wählen, ob er nach rechts in Richtung Runavik oder nach links nach Strendur fahren will. Diese Gabelung wird gebaut, um einen langen Fjord von beiden Seiten umfahren zu können und neue Umwege zu ersparen. Eine Autotour von der Hauptstadt Thórshavn nach Klaksvik, der zweitgrößten Stadt der Inselgruppe, wird dann nur noch 36 statt 68 Minuten dauern. Es wird geschätzt, dass täglich etwa 400 Autos den Tunnel benutzen werden. Ihre Maut soll im Laufe der Jahre 60 Prozent des 150 Millionen Euro teuren Projektes wieder einbringen, während der Rest über Steuergelder bezahlt wird. Die norwegische Baufirma NCC, die bereits mehrere Tunnel auf den Färöern gebohrt hat, erwartet keine größeren Probleme, nur weil die Streckenführung unter Wasser ist. Der Tunnel wird der weltweit längste unterseeische Autotunnel werden und den bislang längsten in Japan um zwei Kilometer übertreffen.

Nach Fertigstellung des Tunnels werden 88 Prozent aller Färinger einander über ein Netz von Tunneln erreichen können, ohne eine Fähre benutzen zu müssen. Gegenwärtig gibt es 19 Tunnel zwischen und auf den Inseln, die insgesamt 42 Kilometer messen. 1962 wurde der erste eingeweiht. Manche unterqueren Berge mitten auf den Inseln, die den Autofahrern mit Schnee oder Nebel Probleme bereiten, während ein anderer Vágar, auf der der internationale Flughafen der Inselgruppe liegt, mit Streymoy und damit der Hauptstadt Thórshavn verbindet. Auch der Nesvik-Tunnel unter dem Sund zwischen Streymoy und Esturoy ist sehr wichtig für die Infrastruktur der Färöer. Weitere Tunnelpläne liegen in der Schublade und sind mehr ein Problem der Finanzierung als der Fragen des ob und wie. Das wichtigste Projekt ist wohl der vorgesehene Tunnel nach Suduroy, der südlichsten Insel der Färöer. Hier wären etwa 25 Kilometer Tunnel zu bohren. Die Kosten werden auf eine Milliarde Euro geschätzt.