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Lahmes Zugpferd

Anschutz-Arena braucht Erfolg der Eisbären

  • Mark Wolter
  • Lesedauer: 3 Min.
Fünf Kranausleger kreisen geschäftig über der Baustelle zwischen Warschauer Brücke und Berliner Ostbahnhof. Mit dem Bau der neuen Multifunktionsarena »O2-World« des milliardenschweren US-Unternehmens Anschutz Entertainment Group geht es, unterstützt vom milden Winter, gut voran. Beim dazugehörigen Eishockeyteam, das sich Firmeninhaber Philip Anschutz 1999 kaufte, stockt es dagegen. Nach zwei Meistertiteln droht den Eisbären Berlin in dieser Spielzeit das frühe Aus.
Mit sieben Punkten Rückstand bei noch sieben Hauptrundenspielen ist der sichere sechste Play-off-Platz kaum noch möglich - ein Saisonende in der Play-off-Qualifikation oder im Viertelfinale gegen die zwei besten Teams der Liga wahrscheinlich. Trainer Pierre Pagé konnte sein Team bisher nicht motivieren und an die Leistungsgrenze bringen. Manager Peter John Lee hatte kein gutes Händchen bei den Einkäufen ausländischer Spieler. Mit Andy Roach und Denis Pederson konnten bislang nur zwei Verpflichtungen überzeugen.

Konzept stößt an Grenzen
Das Konzept des langfristigen Aufbaus der eigenen Nachwuchsspieler stößt ohne erfahrene Leistungsträger an seine Grenzen. »Die jungen Spieler brauchen starke Routiniers, an denen sie sich orientieren können«, sagt Pagé. Davon gebe es derzeit einfach zu wenige. »Wir wissen um das Risiko, dass es auch mal ein Jahr daneben gehen kann«, sagt Lee.
Die Anschutz-Gruppe baut auf Erfolge der Eisbären als wirtschaftliches Zugpferd für die Arena als Unterhaltungsstandort. »Titel erleichtern die Vermarktung unseres Projektes«, sagt Marketing-Direktor Billy Flynn. Nach der ersten Meisterschaft fand man mit dem Mobilfunkunternehmen O2 prompt einen Namenssponsor für die Arena in zweistelliger Millionenhöhe. In den ersten drei Jahren hofft die Anschutz-Gruppe etwa drei Millionen Besucher in die rund 150 Millionen Euro teure Arena zu locken. Neben Show- und Musikveranstaltungen will man langfristig auch weitere Vereine der Stadt, wie die Basketballer von Alba Berlin und die Handballer der Reinickendorfer Füchse, für die Austragung ihrer Heimspiele gewinnen. Bis dahin soll spektakuläres Eishockey der Eisbären die 17 000 Plätze der Arena füllen.

Weg vom Kiezverein
Flynns Pläne für eine Kampagne - weg vom Kiezverein, hin zum Großstadtklub - zur Erschließung neuer Publikumsschichten in der gesamten Region Berlin-Brandenburg liegen schon bereit. »Natürlich brauchen wir dann wieder bessere Leistungen«, sagt Manager Lee. Mehr Geld in das Team investieren wolle man nicht. »Eine Änderung des langfristigen Jugend-Konzeptes kommt nicht in Frage.« Welche anderen Konsequenzen ein möglicher Misserfolg in dieser Spielzeit haben könnte, wollte Lee nicht sagen.
»Mit dem Umzug in die neue Arena wollen wir das beste Team Europas sein«, hatte Trainer Pagé noch vor dieser Saison ganz im Sinne des Eigners verkündet. Ob der Kanadier bei Ausbleiben des erwarteten Erfolgs in der »O2-World« noch an der Bande steht, ist fraglich. Im Herbst kommenden Jahres, pünktlich zu Beginn der DEL-Saison 2008/2009, soll die hochmoderne Halle fertig sein - mit mehr als 60 Businesslogen, 88 Verkaufsstellen und einem 1800 Quadratmeter großen LED-Bildschirm an der Fassadenfront. In das ehrgeizige Projekt der Anschutz-Gruppe passt kein mittelmäßiges Eishockeyteam.

Nächstes Spiel, Dienstag 19.30 Uhr: Eisbären Berlin - Nürnberg.
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