nd-aktuell.de / 28.04.2017 / Politik / Seite 8

Venezuela im Clinch mit OAS

Caracas weist Einmischung zurück und tritt aus

Rio de Janeiro. Inmitten gewaltsamer Proteste und einer tiefen politischen Krise hat Venezuela den Austritt aus der Organisation Amerikanischer Staaten angekündigt. »Am Donnerstag werden wir der OAS unseren Austritt schriftlich mitteilen«, erklärte Außenministerin Delcy Rodríguez am Mittwochabend (Ortszeit). Rodríguez begründete den OAS-Austritt im Fernsehen mit »Interventionsversuchen« und dem »Bestreben des Staatenbunds, Venezuela zu isolieren«. Zuvor hatte der Ständige Rat der OAS trotz des Einspruchs Venezuelas beschlossen, eine Sondersitzung der Mitgliedsstaaten für eine Debatte über die Lage in Venezuela einzuberufen. Die Entscheidung für das Krisentreffen fiel mit einer knappen Mehrheit von 19 der 35 Mitgliedstaaten.

Die Mehrzahl der OAS-Mitgliedsstaaten hat in den vergangenen Wochen das Vorgehen der venezolanischen Regierung gegen Demonstranten kritisiert und für Neuwahlen plädiert. Allerdings teilen auch mehrere Länder die Haltung Venezuelas, der OAS droht jetzt eine Zerreißprobe.

Bei einem neuen Protesttag der bürgerlichen Opposition kam nach Berichten der Zeitung »El Universal« in der Hauptstadt Caracas ein 20-jähriger Mann ums Leben, der sich an einer Demonstration von Regierungsgegnern im Nobelviertel Altamira beteiligte. In mehreren Stadtvierteln lieferten sich Demonstranten und Polizei am Mittwoch Straßenschlachten.

Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein, um mehrere Protestmärsche von Regierungsgegnern zu stoppen. Deren Ziel war das Büro des Ombudsmanns für Menschenrechte, obwohl die Behörden diese Strecke nicht genehmigt hatten. Im Stadtzentrum versammelten sich zeitgleich Regierungsanhänger, die ihre Unterstürzung für Präsident Nicolás Maduro bekundeten. Auch in anderen Städten gab es Demonstrationen und Zusammenstöße. In der Stadt Valencia erlag ein Mann seinen Schussverletzungen, die er sich am Montag am Rande einer Demonstration zugezogen hatte.

Auslöser der Protestwelle war Ende März die vorübergehende Entmachtung des von der bürgerlichen Opposition dominierten Parlaments durch das Oberste Gericht. Sofortige Neuwahlen ist die wichtigste Forderung. Die Opposition wirft der Regierung Misswirtschaft und einen diktatorischen Regierungsstil vor. Präsident Maduro beschuldigt seine Kritiker, mit einem Wirtschaftskrieg und ausländischer Unterstützung einen Umsturz zu provozieren.

Seit Jahren liefern sich Sozialisten und das bürgerliche Lager in Venezuela einen erbitterten Machtkampf. epd/nd