nd-aktuell.de / 12.02.2007 / Kultur

LICHTblicke

Shoppen und Schreiben

Shoppen und Schreiben Die Berlinale ist nicht nur ein Festival, Feier des Films. Zum frohen Fest gehört seit Jahren auch das Geschäft, insbesondere der Filmmarkt, der sich über alle Erwartungen vergrößert hat und dieses Jahr die Rekordzahl von 117 Ständen verbucht, ohne jedoch der Nachfrage gerecht zu werden. Auch der Berlinale-Besucher kann sich - neben Eintrittskarten natürlich - was kaufen. Die Berlinale-Tasche, beispielsweise. Einst Akkreditierten vorbehalten, mehr oder weniger praktisch in der Ausführung, bekam sie eines Tages Schick: den gerade angesagten. Sie wurde derart begehrt (Kult), dass sie voriges Jahr zum ersten Mal im Berlinale-Shop - dem kleinen Markt der Eitelkeiten - angeboten wurde. Nach vier Tagen war sie ausverkauft. Ähnlich ging's mit den Moleskine Reporter Books. Zwischen der Umhängetasche und den Taschenbüchern gibt's wohl einen Zusammenhang: Ein Reporter kann mit seinem Geschreibsel anderen ganz schön die Taschen vollhauen. Das Moleskine-Dings ist außen schwarz und innen gelblich weiß - normalerweise im Ledereinband, bei der Berlinale ist er aus Pappe -, also hell und dunkel wie die Kino-Kunst. Erleuchtet den Book-Besitzer ein Lichtblick, notiert er ihn Schwarz auf Weiß, behält ihn sicher und hält ihn warm. Und da von diesem Notizbuch die Legende geht, Künstler und Intellektuelle würden um keinen Preis ihr Haus verlassen ohne das kleine Schwarzweiße, denn die Inspiration trifft einen im Gehen, nicht im Sitzen am Schreibtisch, sollte man sich das lese- und gummibandbewehrte Bändchen umgehend kaufen. Ein Statussymbol, das man voll in die Tasche oder in den Sack hauen kann. Aber vielleicht wirds ja wirklich ein privates Buch der Bücher. Diese Chance hat allerdings nicht jeder. Die daumesdicken Leere-Blätter-Werke im Postkartenformat sind limitiert. Wenn nämlich alle Berlinale-Berliner dächten - ganz im Sinne Josef Beuys' -: Ich bin ein Künstler - wo kämen wir da hin? M.P.