nd-aktuell.de / 28.04.2017 / Politik

Immer mehr Fälle, immer weniger Personal in Krankenhäusern

32 Prozent mehr Arbeitsbelastung zwischen 1994 und 2015 für Pflegekräfte

Moritz Wichmann

Immer mehr Stress bei der Arbeit im Krankenhaus: Was Pflegekräfte schon seit Jahren fühlen, bestätigen jetzt aktuelle Zahlen. Wie das Statistische Bundesamt auf Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Sabine Zimmermann ausrechnete, ist die Zahl der Menschen, die zwischen 1994 und 2015 behandelt wurden, um 24 Prozent gestiegen. Die Zahl der behandelten Fälle lag damals bei 15.5 Millionen. Letztes Jahr mussten schon mehr als 19,2 Millionen Menschen versorgt werden.

Obwohl die Zahl der Patienten in den Krankenhäusern gestiegen ist, gab es nicht mehr Personal. Die Zahl der Pflegekräfte wurde im gleichen Zeitraum sogar leicht reduziert. Gab es 1994 noch 342.000 »vollzeitäquivalente« Pflegekräfte – eine Zahl bei der Beschäftigte, die Teilzeit arbeiten statistisch zu einer Vollzeitstelle zusammengefasst werden – waren es vorletztes Jahr nur 321.000. Ein Rückgang von 6 Prozent.

Dies führt zu einer immer höheren Arbeitsbelastung in den deutschen Krankenhäusern und zu abnehmender Qualität in der Pflege. Heute muss eine Pflegekraft pro Jahr 60 Fälle betreuen, 1994 waren es nur 45 Prozent – eine Steigerung von 32 Prozent.

Linkspartei-Politikerin Zimmermann fordert deswegen Bundeszuschüsse für die Bundesländer, damit diese die Krankenhäuser bessern finanzieren können, »nach dem Bedarf der Bevölkerung« eben. Außerdem fordert die Linkspartei eine bundeseinheitliche Personalmindestgrenze in den Krankenhäusern.

Anfang April hat die Bundesregierung[1] zumindest eine »Mindestgrenze light« verabschiedet. Bis Juni 2018 sollen die Krankenkassen und und die Deutsche Krankenhausgesellschaft Pflegepersonaluntergrenzen festlegen, ab Januar 2019 gilt eine gesetzliche Untergrenze. Doch die gilt nur in »bestimmten Bereichen im Krankenhaus«, in denen diese aus »Gründen der Patientensicherheit« notwendig ist. Die »Mindestgrenze light« fördert die Bundesregierung mit 830 Millionen Euro pro Jahr. Sie rühmt sich damit, dass sie Verbesserungen schneller auf den Weg gebracht habe, als ursprünglich geplant.

Die Bundesregierung steht unter Druck: 2015 sammelte die Gewerkschaft ver.di[2] bundesweit 180.000 Unterschriften für mehr Personal in den Krankenhäusern. Letztes Jahr haben die Beschäftigten der Berliner Charité nach mehreren Streiks, einen neuen Tarifvertrag[3] unterschrieben. Der hatte bundesweite Signalwirkung, denn er legt im größten Krankenhaus Deutschlands Mindeststandards bei der Personalausstattung fest. Doch aktuell[4] sind die vereinbarten Zielvorgaben noch nicht erfüllt.

Links:

  1. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/2017/2-quartal/pflegepersonaluntergrenzen.html
  2. https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/mehr-personal/++co++9cac943a-c161-11e6-ab08-525400ed87ba
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1044959.charite-noch-immer-unterbesetzt.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1044959.charite-noch-immer-unterbesetzt.html