Zidan durch Klopp-Umarmung gedopt

Mirko Slomka glaubt an meisterliche Qualitäten / Freuden-Hupkonzerte beim HSV

Die königsblauen Fans stimmen schon Meistergesänge an, doch die Protagonisten des Höhenflugs verlieren auch nach dem für sie perfekten Spieltag nicht die Bodenhaftung. »Wir haben noch nichts gewonnen. Zum Feiern ist es viel zu früh«, mahnte Kapitän Marcelo Bordon nach dem hart erarbeiteten 2:0 des FC Schalke 04 gegen Hertha BSC. Mirko Slomka sieht ebenfalls keinen Anlass zum Übermut, auch wenn der Vorsprung des Spitzenreiters auf Verfolger Werder Bremen nach dessen 1:4 in Stuttgart schon sechs Punkte beträgt. »Darüber freuen wir uns. Aber es hat nichts zu bedeuten. Es sind noch 13 Spiele«, meinte der Schalker Coach, fügte jedoch an: »Wir haben die Qualität, deutscher Meister zu werden.« Der Traum vom ersten Meistertitel nach 49 Jahren hat auf Schalke alle zusammengeschweißt. In den Katakomben des Bruchwegstadions schlug sich Mohamed Zidan auf die Brust. »Ich liebe diesen Verein«, erklärte der Angreifer und zeigte auf das Emblem des FSV Mainz 05 auf dem Trikot sowie sein Herz, das darunter schlägt. Ein paar Meter weiter lobte Präsident Harald Strutz den 25-Jährigen in höchsten Tönen: »Mohamed war und ist ein Kind unseres Klubs.« Ein halbes Jahr hatte Zidan bei Werder Bremen keine Chance bekommen. Nach seiner Rückkehr in der Winterpause zum FSV Mainz 05 darf er wieder sein Können in der Fußball-Bundesliga demonstrieren - und das machte er gegen Energie Cottbus bravourös. Mit drei Toren schoss der Ägypter den FSV fast im Alleingang zum 4:1-Sieg und führte die Rheinhessen damit erstmals seit dem achten Bundesliga-Spieltag wieder auf einen Nicht-Abstiegsplatz. In Mainz genießt Zidan uneingeschränktes Vertrauen. Bezeichnend war jene Szene nach 21 Minuten: Der quirlige Stürmer hatte gerade mit einem Abspielfehler den 1:1-Ausgleich mitverschuldet, da rief ihn Trainer Jürgen Klopp an die Seitenlinie - doch statt eine Standpauke zu halten nahm Klopp seinen Schützling in die Arme. »Er hat mir gesagt, dass er mir all seine Kraft gibt«, erklärte Zidan: »In Bremen wäre ich ausgewechselt worden.« So aber lief er zurück auf das Spielfeld, bekam den Ball und markierte prompt das 2:1 (22.). Wie verwandelt traf Zidan auch per Foulelfmeter zum 3:1 (39.) und krönte seine persönliche Gala mit dem Tor zum 4:1-Endstand (60.). Die Spieler tanzten minutenlang über den Rasen, die Gesänge der Fans schienen nicht enden zu wollen, und auf den Straßen rund um das Stadion ertönte noch lange nach dem Spiel ein ohrenbetäubendes Hupkonzert: Der erste Heimsieg nach zehn Monaten wurde beim Hamburger SV voll ausgekostet. Die befreiende Wirkung des 3:0-Erfolgs gegen Borussia Dortmund hätte kaum größer sein können - dabei hatten die Hanseaten nicht einmal den letzten Tabellenplatz verlassen. »Diesen Sieg haben wir einfach gebraucht. Ich hoffe, dass es jetzt weiter nach oben geht«, sagte Mannschaftskapitän Rafael van der Vaart, dem wie vielen seiner Teamkollegen die Erleichterung anzumerken war. Seit dem letzten Punktspielsieg vor eigenem Publikum am 9. April 2007 hatte der Klub den Absturz vom Titelkandidaten zum Tabellenschlusslicht vollzogen. Der neue HSV-Trainer Huub Stevens war nach seinem gelungenen Heimdebüt vor allem bemüht, die Relationen des Erfolgs zurechtzurücken. »Das war ein wichtiger erster Schritt zum Klassenerhalt - aber eben nur einer, dem noch viele weitere folgen müssen«, sagte der Niederländer. Der Bremer Torsten Frings war dermaßen bedient, dass er in einem verbalen Rundumschlag sich und seinen Teamkollegen die nötige Intelligenz für den Titelgewinn absprach. »Wir denken, es geht nur über das Spielerische und halten nicht dagegen. Der Trainer hat uns noch gesagt, dass die uns auskontern wollen, aber wir Idioten fallen trotzdem drauf rein«, sagte der frustrierte Kapitän von Fußball-Bundesligist Werder Bremen nach der 1:4-Pleite des Vize-Meisters beim VfB Stuttgart. Während die Schwaben auf Platz drei nur noch einen Punkt hinter Werder liegen, haben die Bremer den Gewinn der Meisterschaft nach der zweiten Niederlage im zweiten Spitzenspiel binnen einer Woche vorerst aus den Augen verloren. Durch das vorherige 0:2 gegen Schalke und die Schlappe in Stuttgart haben die Norddeutschen nicht nur alle vier Saisonspiele gegen die beiden direkten Konkurrenten verloren, sondern auch sechs Zähler Rückstand auf Spitzenreiter Schalke - und das ausgerechnet...

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