Lob des guten alten Telefons

Bei der NRW-Wahl haben Hacker kaum Chancen - Resultate werden fernmündlich übermittelt

  • Christoph Zeiher, Düsseldorf
  • Lesedauer: 2 Min.

Nicht nur für Politiker gilt die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen als kleine Bundestagswahl. Auch für Hacker könnte die Abstimmung zum Testlauf werden. Die rot-grüne Landesregierung will politisch motivierten Hackern daher möglichst wenig Angriffsfläche bieten. »Die Meldekette läuft ausschließlich über Telefon«, sagt Tobias Dunkel vom NRW-Innenministerium. Das bedeutet, dass die Ergebnisse aus den Wahlkreisen nicht elektronisch, sondern nur mündlich weitergegeben werden. Erst im Statistischen Landesamt werden die Zahlen demnach digital erfasst.

Nach Angaben des Innenministeriums soll es auch einen Erlass geben, der den Wahlhelfern explizit untersagt, die Ergebnisse per E-Mail zu verschicken. Denn je weniger Kommunikation über Server und Computer läuft, desto geringer ist auch die Anfälligkeit für digitale Manipulationen.

»Konkrete Hinweise auf Gefahren haben wir zwar nicht«, sagt Dunkel. »Die Landtagswahl könnte aber natürlich als Testlauf für die Bundestagswahl genutzt werden.« Auch Frank Rieger vom Chaos Computer Club, Europas größtem Hackerverein, warnt davor, die Gefahr von Attacken zu unterschätzen: »Es wäre fahrlässig anzunehmen, dass angesichts der diversen Angriffe und Angriffsversuche auf die Wahlen in anderen Ländern in Deutschland keine derartigen Risiken bestehen«, sagt Rieger. Alle Systeme, die bei der Wahl zum Einsatz kommen, müssten überprüft und verbessert werden.

Aber nicht nur der Wahlvorgang kann zum Ziel von Angriffen werden. Auch Personen und Parteien werden immer häufiger gehackt. Im Sommer vergangenen Jahres wurden deutsche Parteien und Politiker bereits zu Opfern eines breit angelegten Angriffs. Wie bei den Cyberattacken auf die Demokratische Partei in den USA und das Wahlkampfteam des französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron wurden auch in Deutschland russische Hacker als Angreifer verdächtigt.

Die Parteien in Nordrhein-Westfalen sind sich dieser Gefahr bewusst. Wie Behörden und Ministerien geben aber auch sie keine konkreten Auskünfte darüber, wie sie sich vor Angriffen schützen. Zu groß ist die Befürchtung, damit entscheidende Informationen preiszugeben und den eigenen Schutz zu gefährden.

In Nordrhein-Westfalen können sich die Opfer von Hackerangriffen seit einigen Jahren an das Cybercrime-Kompetenzzentrum NRW wenden. Im März kündigte das Innenministerium an, im Kampf gegen Computerkriminalität noch weiter aufzurüsten. Rund 50 neue IT-Fachleute will das Landeskriminalamt einsetzen - die meisten von ihnen sollen in einer Spezialeinheit beschäftigt sein. dpa/nd

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