Putin schreckt den Westen auf

Scharfe Kritik des russischen Präsidenten in München an der aggressiven Politik der USA

  • Lesedauer: 3 Min.
Auf die scharfe Kritik des russischen Präsidenten Wladimir Putin an der Außenpolitik der USA haben Politiker der NATO mit der Beteuerung ihrer friedlichen Absichten und des Willens zur Zusammenarbeit reagiert.
München (Agenturen/ND). »Ein Kalter Krieg war genug«, sagte USA-Militärminister Robert Gates am Sonntag bei der Sicherheitskonferenz in München zu der Rede Putins vom Vortag. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer zeigte sich enttäuscht über die »nicht nützlichen« Äußerungen Putins. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Außenminister Frank-Walter Steinmeier forderten ein umfassendes Sicherheitsverständnis, das auch die Folgen des Klimawandels berücksichtigt. Washington habe seine »Grenzen in fast allen Bereichen überschritten«, sagte Putin bei dem informellen Treffen von Spitzenpolitikern und -militärs aus rund 40 Ländern. »Übermäßige Militäranwendung« und die Missachtung des Völkerrechts förderten das Bestreben einiger Länder nach Massenvernichtungswaffen. Das Verhalten der USA zeige, dass es an der Kraft mangele, »komplexe Lösungen« herbeizuführen. In einem Interview mit dem arabischen Sender Al-Dschasira sagte Putin zudem, die Herrschaft des früheren Präsidenten Saddam Hussein habe Irak weniger geschadet als das Eingreifen der USA. Putin betonte in München weiter, auch die NATO und die EU dürften nicht über militärisches Eingreifen entscheiden. Dies sei allein Sache der UNO. »Beunruhigt« zeigte er sich über die USA-Pläne zur Stationierung einer Raketenabwehr in Mitteleuropa. Dies sei überflüssig und nicht im Interesse der Europäer. Die derzeitige Bedrohung bestehe im Terrorismus, daher könne er nicht verstehen, warum gerade »militärische Infrastruktur an unsere Grenzen« herangetragen werden müsse, sagte der Präsident in seiner Kritik auch an der Erweiterung der Allianz. Das Weiße Haus reagierte »überrascht und enttäuscht« auf die Äußerungen Putins. Die Anschuldigungen des russischen Präsidenten seien falsch, erklärte der für nationale Sicherheit zuständige Sprecher, Gordon Johndroe. Washington hoffe auf eine weitere Zusammenarbeit mit Russland auf wichtigen Gebieten wie Terrorismusbekämpfung und Reduzierung der Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen. Die Welt habe sich seit 1989 dramatisch gewandelt, sagte USA-Militärminister Gates in München. Es gebe viele gemeinsame Probleme, die auch gemeinsam angegangen werden müssten. Daher habe er die Einladung Putins und des Verteidigungsministers Sergej Iwanow angenommen, nach Russland zu reisen. Iwanow selbst sagte am Sonntag in München über Putins Rede: »Ich denke nicht, dass es aggressiv oder eine Konfrontation war.« Russland kooperiere mit der NATO. »Wer kann sich denn um Himmels willen Sorgen machen, wenn Demokratie und Rechtsstaatlichkeit näher an die eigenen Grenzen rücken?«, erklärte NATO-Chef De Hoop Scheffer in München zur Paktausdehnung in Richtung Russland. BRD-Verteidigungsminister Franz Josef Jung sprach sich dafür aus, trotz der Kritik Putins an der NATO weiter den Dialog mit Moskau zu suchen. »Ich bin und bleibe der Auffassung, dass wir weiterhin eine Partnerschaft auch brauchen mit Russland«, sagte Jung. Kanzlerin Merkel hatte Russland und die USA zuvor aufgefordert, den Streit über den Raketenschild im Dialog beizulegen. Es sei immer besser, im Gespräch zu bleiben und nicht gegeneinander zu reden, sagte die Kanzlerin. Sie rief die Staatengemeinschaft in ihrer Rede auf, Krisen gemeinsam zu bewältigen. Ebenso wie Außenminister Steinmeier warnte sie vor den Folgen der Erderwärmung. Eine der weltweit größten Bedrohungen sei die »ökologisch-ökonomische«, erklärte die Regierungschefin und forderte unter anderem eine Senkung des CO2-Ausstoßes. Zu Irans Atomprogramm sagte Steinmeier, wenn Iran und andere Staaten nicht vom Bau einer Atombombe abgehalten werden könnten, hätte dies »unabsehbare Folgen für die Sicherheit auf der Welt«. Teherans Chefunterhändler Ali Laridschani zeigte sich derweil in München offen, »konstruktiv in Dialogform« eine Lösung herbeizuführen.
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal