In einem provisorischen Zwischenlager in Minami-Soma wenige Kilometer nördlich des havarierten Unglückskraftwerks Fukushima haben Arbeiter bereits begonnen, die wasserdichten Säcke zu öffnen, in denen das kontaminierte Erdreich bislang notdürftig meist unter freiem Himmel gelagert worden war. In einem ersten Experiment will das Umweltministerium anhand von 1000 Kubikmetern schwach verstrahltem Erdreich testen, ob es sich als Baumaterial einsetzen lässt, ohne dass radioaktiv verseuchtes Material in die Umwelt gelangt.
Ferner müsse sichergestellt werden, dass die Strahlung auch in unmittelbarer Nähe des Baumaterials die gesetzlichen Normen nicht überschreite, erklärte das Ministerium. Sobald Steine, Äste und andere Unreinheiten entfernt sind, soll auf dem Gelände des provisorischen Lagers ein Damm aus dem verstrahlten Erdreich errichtet werden. Darauf kommt eine Schicht unverstrahlte Erde.
Sollten regelmäßige Proben und Strahlungsmessungen ergeben, dass von dem verseuchten Material keine Gefahr für die Umwelt ausgeht, soll schwach verstrahlte Erde künftig für den Wiederaufbau von Straßen und Tsunami-Schutzdämme in der Katastrophenregion eingesetzt werden.
Im März 2011 hatten ein Megabeben der Stärke 9 und ein anschließender Tsunami große Teile der Küste im Nordosten des Landes zerstört und im AKW Fukushima Daiichi eine dreifache Kernschmelze ausgelöst. Mehr als 100.000 Menschen mussten wegen des radioaktiven Niederschlags evakuiert werden. Noch immer sind einige Gebiete wegen hoher Strahlung gesperrt.
Um die Strahlung zu reduzieren, wurde in groß angelegten Dekontaminierungsaktionen vielerorts flächendeckend die oberste Erdschicht komplett entfernt. Das kontaminierte Erdreich wird bis heute in notdürftigen provisorischen Zwischenlagern, lediglich mit Planen vor Regen und Schnee geschützt, gelagert. Tausende dieser provisorischen Lagerstätten liegen in ganz Fukushima verstreut, oft mitten in Wohngebieten. Ursprünglich sollten sie nach drei Jahren geschlossen werden, sobald das ordentliche Zwischenlager fertig gestellt ist.
Zwar befindet sich das geplante Zwischenlager in der am schwersten verstrahlten Zone, die auch mittelfristig nicht bewohnbar sein wird, doch weigern sich viele Besitzer, ihr Land zur Verfügung zu stellen, aus Angst, dass das auf 30 Jahre angelegte Zwischenlager mangels Alternativen kurzerhand zum Endlager deklariert wird. Bis Ende Februar konnte die Regierung gerade einmal Verträge über 20 Prozent der anvisierten Fläche abschließen.
Zwar ist das Lager längst im Bau und es werden bereits erste Müllsäcke angeliefert - allerdings in einem Tempo, bei dem es laut Berechnungen einer japanischen Tageszeitung 100 Jahre dauern würde, bis alle provisorischen Lager leer sind. Zudem zweifeln Experten, dass die Lagerfläche für den gigantischen Müllberg ausreicht.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1049825.tsunamischutzwaelle-aus-verstrahlter-erde.html