Atelierhaus Mengerzeile gesichert

Kompromiss nach langen Verhandlungen erzielt

  • Till Mischko
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit 2013 kämpfen 38 Künstler und Künstlerinnen des seit 1993 bestehenden Atelierhauses Mengerzeile in Treptow gegen ihren Rauswurf. Nach langen Verhandlungen hat sich der Eigentümer der FA Argos Real Estate GmbH, Christoph Höhne, bereit erklärt, das Gebäude weiter für den Kunstbetrieb nutzbar zu halten - im Gegenzug erklärten sich die Künstler mit Sanierungsarbeiten am Gebäude einverstanden. Zwar dürfen die Arbeitsräume behalten werden, ein nicht benötigter Anbau ist jedoch zum Abriss freigegeben, um Platz für Wohnungen zu schaffen, über die das Projekt dann querfinanziert werden soll. Das Dachgeschoss wird zukünftig vom sogenannten Kreativgewerbe genutzt.

Auf der gestrigen Pressekonferenz berichteten die Künstlerinnen Ilona Ottenbreit und Eva Noack von ihrem steinigen Weg. Bevor sie mit Höhne eine Einigung erzielen konnten, wollten sie das Haus selbst kaufen. Zum Tragen kommen sollten dabei die Landesbürgschaften. Auf dem Podium saßen neben ihnen Tim Renner, Vorstand des Kulturforums der Sozialdemokratie und Kulturstaatssekretär a.D., Martin Schwegmann, seit kurzem Atelierbeauftragter von Berlin, Rainer Hölmer, Baustadtrat von Treptow-Köpenick, sowie Boris Joens vom Verein AbBA (Allianz bedrohter Berliner Atelierhäuser), einem Netzwerk, das sich aktiv gegen das grassierende Ateliersterben in der Hauptstadt einsetzt.

So recht schien die Allianz zwischen den Künstlern und dem Eigentümer des Gebäudes nicht aufzugehen, betonte Höhne immer wieder die Vorteile derzeitiger Stadtentwicklung für Kulturschaffende durch Tourismus und wachsende Branchen. Absolute Einigkeit zeigten die beiden Parteien aber, als es um die Landesbürgschaften ging, die in der Vergangenheit vor allem bei Unternehmen Anwendung fanden. Seit Herbst 2016 soll mit dem 17,7 Millionen Euro umfassenden Bürgschaftsprogramm auch ein neues Instrument für Künstler und Kulturschaffende zur Verfügung stehen. Der Gedanke dazu, so betonte Renner, kam konkret durch die Situation in der Mengerzeile. Probleme ergaben sich zuvor in erster Linie bei der Zusammenarbeit mit den Banken: Die Chronologie des Kampfes der Künstlerinnen und Künstler liest sich wie ein langer, entnervender Kampf um Anträge und Kredite, flankiert von zermürbender Ungewissheit und permanenten Fehlschlägen. Am Ende stand der Kompromiss zwischen Ateliernutzern und Eigentümer Höhne.

Renner, nach dessen Ansicht die derzeitige Stadtentwicklung zwar nicht aufzuhalten, aber zumindest zu verlangsamen sei, betonte die seismographische Funktion von Künstlern, die signifikant von prekärer Arbeit und Verdrängung betroffen sind. Der Slogan »Arm aber sexy«, bemerkte ein Zuschauer, habe einst Kreative in die Stadt gelockt, nun müsse sie sich auch um ihre Künstler kümmern. Dass es keinen Grund zur Freude gibt, zeigen die Zahlen: 2014/15 wurden fünf Atelierstandorte mit 150 Künstlern von privaten Eigentümern geschlossen.

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