nd-aktuell.de / 12.05.2017 / Politik / Seite 13

Bayern-SPD bemüht sich um Eisner

Am 14. Mai jährt sich der Geburtstag des Revolutionärs und Freistaatsgründers zum 150. Mal

Rudolf Stumberger, München

Am Sonntag jährt sich der Geburtstag von Kurt Eisner (14. Mai 1867 - 21. Februar 1919) zum 150. Mal. Die vergangenen einhundert Jahre tat man sich mit der Ehrung des Revolutionärs von 1918 und ersten Ministerpräsidenten des Freistaates Bayern schwer. Konservative beschimpften ihn als »gewalttätigen Kommunisten«, die Kommunisten nannten ihn einen politischen Naivling und die SPD wollte mit ihm, dem USPD-Mitglied, eher nichts zu tun haben. Jetzt scheinen sich die Dinge zu ändern. Während die bayerischen Sozialdemokraten den Versuch unternehmen, Eisner für sich zu reklamieren, scheint sogar die Regierungspartei CSU eine Würdigung anzudenken.

»Die Dynastie Wittelsbach ist abgesetzt! Bayern ist fortan ein Freistaat.« So lautete die Proklamation des Arbeiter- und Soldatenrates von der Nacht des 7. auf den 8. November 1918 in München. Vorangegangen war eine gewaltige Demonstration auf der Theresienwiese gegen den Krieg. Dazu aufgerufen hatte auch die (Mehrheits-)SPD, man meinte es aber nicht so wirklich ernst - und deren Führer gingen nach der Demonstration nach Hause. Anders Kurt Eisner und seine Genossen von der USPD, sie zogen zu den Kasernen, stießen überall auf die Unterstützung der Soldaten und stürzten in einer unblutigen Revolution die Monarchie. Der geborene Berliner Eisner wurde erster Ministerpräsident des Freistaates und führte unter anderem das Frauenwahlrecht und den Acht-Stunden-Tag ein. Am 21. Februar 1919 wurde er auf dem Weg zum Landtag von dem völkisch-nationalen Graf von Arco ermordet.

2018 jährt sich die Novemberrevolution zum 100. Mal - und das Jubiläum strahlt aus: So würdigte nun die SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag Kurt Eisner zu seinem 150. Geburtstag mit einer Festveranstaltung. Und da konnte es nicht ausbleiben, dass dabei das gespaltene Verhältnis der Partei zum ersten Ministerpräsidenten zur Sprache kam. So erzählte Münchens Altoberbürgermeister Christian Ude von einer »unüberbrückbaren Feindschaft« zwischen Münchner SPD-Stadträten, als es einst um eine Ehrung von Eisner ging.

Hintergrund war noch immer der »Blumenstrauß-Vorfall« von 1919: Die Tochter Erhard Auers, damaliger SPD-Chef, hatte dem von Eisners Begleitern verletzten Attentäter Graf Arco einen Rosenstrauß ans Krankenbett gebracht. Und Ude erzählt eine weitere erhellende Anekdote. Während am Tag nach der Revolution im November 1918 die bürgerlichen »Neuesten Nachrichten« die Proklamation des Arbeiter- und Soldatenrates abdruckte (man hatte zwei revolutionäre Soldaten in die Redaktion geschickt), verkündete das SPD-Blatt »Münchner Post«, dass sich die große Demonstration »ohne unser Zutun« zu einem »politischen Willensakte« gesteigert hätte, mit dem nun zu rechnen sei. Und klein, daneben in der 3. Spalte: »Bayern ist fortan ein Freistaat«.

Neben diesen interessanten Details wurde auch auf der Festveranstaltung offensichtlich, wie sehr sich Ude durch vorangetriebene »Differenzierung« um einen »annehmbaren« Eisner bemüht. So sei Eisner im Gegensatz zur offiziellen revolutionären Rhetorik der damaligen SPD ein »Reformer« gewesen und damit ganz in der Nähe von Georg von Vollmar, dem ersten SPD-Vorsitzenden in Bayern. Der predigte die Öffnung der Arbeiterpartei für andere Schichten und setzte auf Reformen statt Revolte.

Prof. Ferdinand Kramer vom Institut für Bayerische Geschichte an der LMU bemühte sich in seinem Beitrag, einige Mythen zurecht zu rücken. So habe Eisner, der von seinen Gegnern als »galizischer Ostjude« und »ortsfremdes Element« beschimpft wurde, seit 1908 die Bayerische Staatsbürgerschaft besessen. Die Bezeichnung »Ministerpräsident« für sein Amt sei zwar nicht offiziell, aber allgemeiner Sprachgebrauch gewesen. So war in der Sterbeurkunde Eisners von einem »provisorischen Ministerpräsidenten« die Rede.

Schließlich berichtete bei der Matinee im Bayerischen Landtag der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher noch von einem »geschichtspolitischen Quantensprung«. Die CSU wolle zum 100. Jahrestag der Ausrufung des Freistaates die Frage nach der Rolle Eisners »positiv beantworten«. Damit wäre die bayerische Staatsregierung schon weiter als die CSU im Bezirksausschuss Isarvorstadt-Ludwigsvorstadt. Diese lehnte eine Würdigung Eisners aus »inhaltlichen und personell inhaltlichen Gründen« ab.

Die Rosa-Luxenburg-Stiftung Bayern, das »Andere Bayern« und »Plenum R« laden für Sonntag, 14. Mai, zu einer Kurt-Eisner-Geburtstagsfeier mit Torte und Sekt ein - Ort: Münchner Theresienwiese an der Bavaria, Zeit: 15 Uhr. Zu Musik werden Texte aus der Revolution gelesen. Im Münchner Stadtmuseum ist vom 12. Mai bis 8. Oktober die Ausstellung »Revolutionär und Ministerpräsident - Kurt Eisner (1867-1919)« zu sehen.