nd-aktuell.de / 15.05.2017 / Politik / Seite 20

Ukraine: Der Kampf um den Regenbogen

Rechte Gruppierungen machten mobil gegen die Umgestaltung eines Denkmals

Denis Trubetskoy, Kiew

Der Bogen der ukrainisch-russischen Völkerfreundschaft, 1982 zum 60. Jahrestag des Bestehens der Sowjetunion eröffnet, ist eines der bekanntesten Markenzeichen Kiews. Das riesige sowjetische Denkmal ist fast von allen Orten im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt zu sehen. Der Bogen gehört dieser fest zum Stadtbild Kiews. Ob das so bleiben wird, ist unklar. Nach dem Zerfall der Sowjetunion wurden die Stimmen lauter, ein solches Denkmal hätte nichts im Zentrum einer unabhängigen Hauptstadt zu suchen. Es wurden bereits Pläne öffentlich, den Bogen der Völkerfreundschaft ganz abzureißen.

Ob und wann diese Pläne realisiert werden, ist unbekannt. In den letzten Wochen ist das Denkmal jedoch zum Topthema rund um den Eurovision Song Contest geworden. Das offizielle Motto lautet in diesem Jahr »Celebrate Diversity«, also Vielfalt feiern. So ist die Kiewer Marketingagentur CFC Consulting auf die Idee gekommen, den Bogen der Völkerfreundschaft zu einem Regenbogen umzugestalten. »Wir wollen zeigen, dass die Ukraine sich verändert und neue Inhalte repräsentiert - zusammen mit neuen freien Menschen, die hier leben«, sagte CFC-Direktor Hennadij Kurotschka zum Projekt.

Nicht alle in Kiew waren froh, den Bogen der Völkerfreundschaft in Regenbogenfarben, die als Symbol der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender (LGBT) gelten, zu sehen. Vor allem rechte Gruppierungen wie der Rechte Sektor äußerten ihren Unmut. »Der Bogen der Völkerfreundschaft ist zwar ein Monument des nicht mehr existierenden Staates, er steht aber in der Staatsliste der Denkmäler. Die Stadtverwaltung kann den also nicht einfach so ändern wie sie will«, meinte Artem Skoropadskyj, Sprecher des Rechten Sektors.

Doch viel mehr bewegte ihn der Bezug des neuen Bogens zur LBGT-Gemeinschaft. »Es ist eine unverblümte LGBT-Propaganda direkt im Herzen Kiews, das geht gar nicht«, betonte er. »Bei uns in der Ukraine gibt es maximal ein Prozent LGBT-Vertreter. Wieso sollen wir einfach zuschauen, wenn ihre Symbole überall in der Innenstadt auftauchen?« Und tatsächlich hat der Rechte Sektor nicht nur zugeschaut, sondern gehandelt: Ende des letzten Monats haben Vertreter der Bewegung sowie Aktivisten von Swoboda, einer anderen rechten Partei, die Malerarbeiten geblockt.

Weil die Polizei sich nicht eingemischt hat, entschied sich die Firma, die Malerarbeiten erfüllte, auf die Entscheidung der Kiewer Stadtverwaltung zu warten. Diese hat zwar bestätigt, die ursprüngliche Idee von CFC Consulting bewilligt zu haben. Doch sie wolle sich ebenfalls nicht in den Konflikt mit den Rechten einmischen und und schlug lediglich vor, den Rest des Bogens mit ukrainischen Ornamenten zu verschönern. »Das ist genau der Kompromiss, den wir von Anfang an finden wollten«, sagte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko dazu. Nur ist auch die Idee nie umgesetzt worden - und so blieb der »Bogen der Vielfalt« unvollendet.

»Wir freuen uns, eine Schande für Kiew verhindert zu haben«, heißt es nun vom Rechten Sektor. Und die Stadtverwaltung kündigt an, den Regenbogen nach dem Ende des ESC abziehen zu wollen.