Fall Amri: Ausschuss wohl ab Juli

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Die Regierungsfraktionen SPD, Linkspartei und Grüne wollen den Untersuchungsausschuss zu möglichen Behördenfehlern im Fall Amri zusammen mit der Opposition auf den Weg bringen. Dies erklärte am Dienstag der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Daniel Wesener.

Der Ausschuss mit zwölf Mitgliedern solle möglichst noch vor der parlamentarischen Sommerpause eingesetzt werden. Zunächst solle der Sonderermittler des Senats, der frühere Bundesanwalt Bruno Jost, am 3. Juli seinen Zwischenbericht vorlegen.

Den Vorsitz in dem künftigen Kontrollgremium werde voraussichtlich die oppositionelle CDU übernehmen, hieß es. Im Vorfeld würden auch Gespräche mit FDP und AfD geführt. In dem Ausschuss dürfte es auch um Fragen gehen, die den damaligen CDU-Innensenator Frank Henkel betreffen. Zu hören war, dass die Arbeit des Ausschusses zwei Jahre dauern könnte.

Jost hatte vermutlich manipulierte Ermittlungsakten zu Anis Amri gefunden. Danach stand die Frage im Raum, ob dessen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche im Dezember hätte verhindert werden können, wenn er wegen anderer Delikte vorher verhaftet worden wäre. Bei dem Anschlag waren zwölf Menschen getötet worden.

Auch mit Blick auf den Terroranschlag von Manchester sagte Torsten Schneider, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion: »Wir brauchen funktionierende Sicherheitsbehörden.« Der Ausschuss solle strukturelle Schwachstellen in Ermittlungsbehörden aufdecken, ergänzte Steffen Zillich für die Linksfraktion.

Jost hatte am Montag in einer Sondersitzung des Innenausschusses Fragen der Parlamentarier beantwortet und war von dem Plan eines U-Ausschusses überrascht worden. Er möchte nicht, dass sich alle ermittelnden Stellen »gegenseitig auf den Füßen stehen und sich behindern«, erklärte er. Noch bis zur Vorwoche hatten die drei Regierungspartner versichert, die effiziente Arbeit des Sonderermittlers abzuwarten. Alle Parlamentarischen Geschäftsführer versicherten, die Arbeit des Sonderermittlers solle nicht torpediert werden. In einer Erklärung von Rot-Rot-Grün hieß es, die Ermittlungen des früheren Bundesanwalts hätten gravierende Einzelfehler der Sicherheitsbehörden aufgedeckt. Der Ausschuss sollte aber auch strukturelle Fragen im Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern und der gesamten Sicherheitsarchitektur klären. Für den Ausschuss werden in diesem Jahr pro Fraktion 89 000 Euro bereitgestellt. Das Gremium kann Akten anfordern, auswerten, Zeugen befragen, Gutachten erstellen lassen oder bei Bundesbehörden ermitteln. »Es gibt keine Schonung, für niemanden«, sagte Schneider. In Nordrhein-Westfalen tagt bereits ein U-Ausschuss zu dem Attentat. Im Bundestag gibt es keinen Ausschuss zu dem schwersten islamistischen Anschlag in Deutschland. dpa/nd

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