nd-aktuell.de / 29.05.2017 / Politik / Seite 5

Einer gegen sechs

Auf dem G7-Gipfel bekräftigen sechs Regierungen ihre Klimaziele. Nur US-Präsident Trump schert aus

Sandra Kirchner

Der G7-Gipfel im sizilianischen Taormina dürfte in die Annalen eingehen. Nicht, weil die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und den USA am vergangenen Samstag richtungweisende Beschlüsse gefasst hätten, sondern weil der US-amerikanische Präsident in wichtigen Fragen wie Klimawandel oder Migration auf Konfrontationskurs war.

Das sechsseitige Kommuniqué, das am Ende des zweitägigen Treffens zustande kam, nimmt sich äußerst dürftig aus im Vergleich zur Abschlusserklärung, die die Staatschefs im japanischen Ise-Shima 2016 vereinbart hatten. Auf 32 Seiten hielten die sieben reichsten Industrienationen damals ihre Absichten fest.

Dass Donald Trump den Gipfel von Taormina als »schrecklich produktiv« bezeichnete, verwundert. Entwicklungsorganisationen sind unzufrieden mit den Ergebnissen des Gipfels. Sie werfen den Staatschefs Versagen vor, weil die drängenden Probleme der Welt nicht angepackt worden seien. »Während die Staats- und Regierungschefs tagen, ertrinken Kinder«, sagte Justin Forsyth, Vizechef beim Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF.

Italien hatte sich zum Ziel gesetzt, dass die sieben Staats- und Regierungschefs eine eigene Erklärung zur Flüchtlingspolitik verabschieden. Schon mit der Entscheidung, den Gipfel auf Sizilien abzuhalten, wollte Italien die Flüchtlingsfrage auf die Agenda bringen. Schiffe mit Geflüchteten durften während des Gipfels indes nicht auf Sizilien anlegen, sie wurden umgeleitet. Die US-Unterhändler wollten auch lieber über Sicherheit und Grenzschutz diskutieren und blockierten beim Thema Flüchtlinge. Am Ende reichte es nur für zwei vage Absätze in der Abschlusserklärung.

Eine Überraschung kann der Verlauf des Gipfels aber nicht sein. Für weitreichende Beschlüsse fehlten die Voraussetzungen. Für vier der sieben Staats- und Regierungschefs war es das erste G7-Treffen. Starke Differenzen waren vor allem wegen Trumps Haltung zum Klimaschutz zu erwarten. Vor seiner Wahl zum Präsidenten hatte Trump wiederholt Zweifel am Klimawandel geäußert und angekündigt, das Pariser Klimaabkommen zu verlassen, sobald er Präsident der USA sei. Eine Entscheidung war zum G7-Gipfel erwartet worden.

Dort versuchten die sechs Regierungschefs noch einmal gemeinsam, Trump für den Klimaschutz zu gewinnen - vergeblich. Auch ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitagabend konnte den US-Präsidenten nicht von der Dringlichkeit, die Erderwärmung zu begrenzen, überzeugen. Merkel warb vor allem mit den wirtschaftlichen Vorteilen der Energiewende.

Doch Trump beharrte auf seiner Position und isolierte die USA. Während Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und selbst Japan im gemeinsamen Kommuniqué bekräftigen, dass sie die Verpflichtungen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen zügig erfüllen wollen, wurde die abweichende Position der USA zur Kenntnis genommen. Dissens in einer G7-Abschlusserklärung statt gemeinsamer Ziele, das ist neu.

Ohnehin scheint Trump den direkten Gesprächen mit den Staats- und Regierungschefs nicht viel abgewinnen zu können. Zum Auftakt des Gipfels traf er verspätet ein, während der Ansprache des italienischen Premierministers Paolo Gentiloni soll er keine Kopfhörer für die Übersetzung getragen haben. Stattdessen setzte Trump auf seine bevorzugten Kanäle und twitterte, dass er über den Verbleib im Pariser Klimavertrag in der kommenden Woche entscheiden wolle.

Lediglich bei der Handelspolitik erzielten die Staatschefs einen Minimalkonsens. Sie bekannten sich zu offenen Märkten und zum freien und fairen Handel. Vor dem Gipfel hatte Trump mit Strafzöllen und anderen protektionistischen Maßnahmen für die US-amerikanische Wirtschaft gedroht.

Kritiker der G7 werfen der Gruppe vor, dass die Gipfel viel Geld kosten und wenig Ergebnisse bringen und dass weniger wohlhabende Staaten bei wichtigen Entscheidungen über ihre Zukunft außen vor bleiben. Rund 1000 Menschen kamen nach Angaben der Behörden nach Giardini Naxos, um südlich des Tagungsortes Taormina gegen die Politik der G7 zu protestieren. Dabei kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstrierenden. Die Polizei setzte Tränengas ein.