nd-aktuell.de / 01.06.2017 / Berlin / Seite 11

Wie stimmt Rot-Rot-Grün im Bundesrat?

Suche nach gemeinsamer Linie zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen und daran gekoppelte Zuständigkeit des Bundes für Autobahnen

Martin Kröger

Der Ausgang der Kontroverse ist offen. »Man ist in Gesprächen miteinander«, sagt der Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Thomas Barthel. Theoretisch haben die rot-rot-grünen Koalitionsparteien bis kurz vor dem Zusammentreffen des Bundesrates am Freitag Zeit, eine gemeinsame Linie zum Abstimmungsverhalten beim Gesamtpaket Neuregelung Bund-Länder-Finanzbeziehungen und die daran gekoppelte Zuständigkeit des Bundes für die Bundesautobahnen zu finden.

Am Mittwoch lagen die Positionen zwischen SPD und Grünen auf der einen und der LINKEN auf der anderen immer noch auseinander: Die Sozialisten befürchten eine Privatisierung der Autobahnen durch die Hintertür. So sei nach den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen die Beteiligung privater Unternehmen etwa in Form von sogenannten Öffentlich-Privaten-Partnerschaften möglich, hieß es. SPD und Grünen vertrauen dagegen darauf, dass durch bestimmte Formulierungen Privatisierungen ausgeschlossen sind.

»In der LINKEN sind wir uns zum Glück einig: Es darf keine Schlupflöcher für eine Privatisierung der Autobahnen geben. Und genau das haben wir auch im Koalitionsvertrag für Berlin festgeschrieben«, sagt der Bezirksvorsitzende der LINKEN in Friedrichshain-Kreuzberg, Pascal Meiser. »Es ist ein Skandal, wenn sich SPD und Grüne in Berlin nur wenige Monate nach Abschluss des Vertrags daran nicht mehr erinnern wollen und den entsprechenden Pläne der Bundesregierung im Bundesrat zustimmen wollen.« Sollte die Bundesregierung ihren Vorschlag tatsächlich am Donnerstag durch den Bundestag peitschen, kann das nur heißen, dass sich Berlin, wie in solchen Fällen üblich, im Bundesrat zumindest enthalten muss, so Meiser.

Im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag steht: Eine Enthaltung im Bundesrat »in politisch bedeutsamen Fragen« sollte die Ausnahme darstellen. Und: »Die Koalitionspartner verpflichten sich daher, bei strittig gestellten Themen im Senat eine Einigung im Interesse Berlins anzustreben.« Brisant ist das Abstimmungsverhalten vor allem deshalb, weil es die Drohung gibt, dass der Bund im Fall einer Ablehnung auch den Deal zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen wieder kassieren könnte.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte eben jene Einigung vor kurzem als »sehr gut« für Berlin bezeichnet. Denn die Hauptstadt profitiert besonders: Rund eine halbe Milliarde Euro pro Jahr bekommt Berlin ab 2020 mehr. Viel Geld, dass für die rot-rot-grünen Projekte dringend gebraucht wird.