nd-aktuell.de / 03.06.2017 / Wissen / Seite 26

Wasser aus trockener Luft

Kalifornische Wissenschaftler haben ein Gerät entwickelt, das mit Sonnenenergie selbst aus fast trockener Luft die Feuchtigkeit herausholt.

Elke Bunge

Wasser ist eine der wichtigsten Ressourcen weltweit. Doch die wachsene Zahl von Menschen, ihre Industrie und Landwirtschaft steigern stetig den Bedarf. Konflikte wegen Wassermangels dürften häufiger werden. Dabei geht es nicht nur um den direkten Trinkwasserverbrauch. Auch indirekt wird jede Menge Wasser benötigt, zum Beispiel, um Gemüse und Fleisch auf unseren Tisch zu bringen. Die Landwirtschaft nutzt derzeit 70 Prozent des weltweit verwendeten Wassers. Vielerorts werden Methoden für die umweltfreundliche Gewinnung von Trinkwasser dringend benötigt.

Eine Methode ist die Gewinnung von Wasser aus der Luft. Hier wird das Volumen der »Wasserspeicher« weltweit auf 13 Trillionen Liter geschätzt. Einen neuartigen Wasserkollektor für die Luftfeuchte haben jetzt Chemiker und Ingenieure an der Universität von Kalifornien in Berkeley und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge entwickelt. Ihre Forschungsergebnisse stellten sie im Fachjournal »Science« vor.

Die Abscheidung von Wasser aus der Luft ist nicht neu, doch bisherige Methoden und Materialien zur Wassergewinnung verlangen große Mengen an Energie. Der neue Wasserkollektor benötigt weder Strom aus einer Steckdose noch eine Batterie. Er nutzt die Energie einer Solarzelle direkt, um Wasser aus der Luft zu gewinnen. Über diesen energieautarken Kollektor sagt Evelyn Wang vom MIT: »Mit diesem Prototyp haben wir demonstriert, dass das Konzept funktioniert. Möglich ist das durch ein neuartiges Material, das wir verwenden. Es benötigt weder viel Energie noch hohe Temperaturen, um Wasser aus der Luft aufzunehmen und auch wieder abzugeben.«

Bei dem neuartigen Material handelt es sich um eine sogenannte Metallorganische Gerüstverbindung (Metal-Organic Framework - MOF). Diese Stoffe sind erst in den 90er Jahren entwickelt worden, zunächst für die Grundlagenforschung. Die Wissenschaft war fasziniert, anorganische Materialien als Knotenpunkte mit organischen Bausteinen als Brücken verbinden zu können. Entstanden ist dabei eine neue Klasse hochporöser Materialien mit herausragenden Eigenschaften: In ihren Hohlräumen können sie andere Moleküle einlagern und sind wesentlich spezifischer als traditionell bekannte Adsorbersubstanzen wie Aktivkohlen. Das MOF im Wasserkollektor besitzt riesige Stauräume mit unzähligen Bindungsstellen für Wassermoleküle, damit kann es bereits bei einer Luftfeuchte von zwanzig Prozent das Wasser aus der Luft einfangen.

Um das gesammelte Wasser dann aus den Poren zu lösen, wird der Sonnenkollektor gebraucht. »Sind die Poren komplett mit Wassermolekülen belegt, heizen wir das Material mit Hilfe der Sonne auf«, erläutert Wang. »Dadurch wird das Wasser aus dem metallorganischen Gerüst frei und kondensiert zu Trinkwasser.« Berechnungen zufolge werden 2,8 Liter Wasser je Kilogramm MOF gewonnen.

Da der neuartige Wasserkollektor bereits bei einer Luftfeuchtigkeit von nur 20 Prozent wirkt, kann er auch wirksam in sogenannten Trockenzonen eingesetzt werden. 41 Prozent der Erde sind nach Angaben der Vereinten Nationen Trockenzonen, 20 Prozent davon sind völlig unfruchtbar. Von der zunehmenden Zerstörung fruchtbaren Bodens sind mehr als 1,3 Milliarden Menschen in über 100 Ländern der Erde betroffen, so Greenpeace Deutschland. Ein Gerät, das den Menschen und der Umwelt durch die Kraft der Sonne Wasser spendet, könnte somit die Verwüstung weiterer Gebiete eindämmen.