nd-aktuell.de / 03.06.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 8

Dreck, Lärm und Bombengefahr

Umweltverbände kritisieren geplanten Bau der Nord-Stream-Pipeline in der Ostsee

Schwerin. Das Genehmigungsverfahren für die Ostseepipeline Nord Stream 2 stößt auf großes Interesse. Bis zum Ende der Einwendefrist gingen beim Bergamt Stralsund 39 Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange und 158 Einwendungen von Privaten ein, wie das Energieministerium Mecklenburg-Vorpommerns am Donnerstag mitteilte. Vier Trägern öffentlicher Belange sei eine Verlängerung der Einwendungsfrist bis Mitte Juni gewährt worden. In der Nacht zu Donnerstag endete die Einwendefrist im deutschen Genehmigungsverfahren für den Bau der etwa 1200 Kilometer langen Pipeline, mit der die Gazprom-Tochter Nord Stream 2 von 2019 an russisches Erdgas nach Deutschland transportieren will.

Die Umweltverbände BUND, WWF und NABU forderten eine Aussetzung des Genehmigungsverfahren. Es seien massive Nacharbeiten erforderlich - unter anderem zur Munitionsbelastung in der Ostsee und bei Umweltverträglichkeitsprüfungen, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros Jochen Lamp. Die Planungen seien weder antragsreif, noch sei der Bau in der jetzigen Form genehmigungsfähig. Kritik am Vorhaben kommt auch von Landwirten auf der Insel Rügen, die Ackerflächen für den Umweltausgleich zur Verfügung stellen sollen.

Das Unternehmen Nord Stream 2 zeigte sich zuversichtlich, die Kritik entkräften zu können. Die Einwände bezeichnete ein Sprecher als zum Teil konstruiert und überspitzt, zudem würden sie im Erörterungstermin von den Genehmigungsbehörden erläutert. Diesem Schritt werde Nord Stream 2 nicht vorgreifen.

Der BUND kritisierte unter anderem, dass ein schlüssiges Konzept für Ausgleichsmaßnahmen in der Ostsee fehle. Ein von Nord Stream 2 selbst erstelltes Bewertungsverfahren der Umweltverträglichkeit verschleiere die Wirkungen des Pipeline-Baus durch Grabungen, Trübungen, Lärm und chemische Einflüsse, sagte BUND-Landeschefin Corinna Cwielag.

Die Verbände kritisierten zudem, der Bau würde rund 240 Tonnen zusätzliche Schadstoffe in der Ostsee freisetzen. In Russland werde die Pipeline als offener Kanal durch ein Schutzgebiet gegraben, anstatt die vorhandene Trasse der ersten Pipeline zu nutzen.

Nach Einschätzung des NABU gefährdet das Vorhaben außerdem die Klimaziele und steht in Widerspruch zu geltendem Energie- und Umweltrecht. Schon jetzt überstiegen die Import- und Speicherkapazitäten in Deutschland den tatsächlichen Bedarf an Erdgas um das Dreifache, sagte NABU-Meeresexpertin Anne Böhnke-Henrichs. Der Erörterungstermin für die Pipeline ist im Juli geplant. dpa/nd