nd-aktuell.de / 07.06.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 16

Griechenland: Lagarde drängt auf Zusagen

IWF-Chefin: Athen müssen jetzt Schuldenerleichterungen versprochen werden

Berlin. IWF-Chefin Christine Lagarde drängt die Europartner Griechenlands zu schnellen Zusagen für das seit Jahren krisengeplagte Land. Dabei geht es um - grundsätzlich bereits vor Jahren versprochene - Erleichterungen bei der überbordenden Schuldenlast. »Dies bedeutet nicht einen Schuldenschnitt, aber eine erhebliche Verlängerung der Laufzeiten und eine Stundung von Zinszahlungen«, sagte Lagarde dem »Handelsblatt« in der Dienstagsausgabe. Die Eurogruppe hatte eine Entscheidung über einen weiteren Kredit zuletzt auf den 15. Juni vertagt.

Knackpunkt bleibt die Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF). Er ist, anders als bei den Programmen zuvor, diesmal noch nicht beteiligt. »Es ist Zeit für den IWF, an Bord zu kommen«, hatte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem Mitte Mai gemahnt. Vor allem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble besteht auf einer Beteiligung des IWF. Er will zudem erst 2018 über weitere Hilfen reden, wenn das laufende Hilfsprogramm abgeschlossen ist. Jedoch zeigte sich Außenminister Sigmar Gabriel zuletzt offen gegenüber Schuldenerleichterungen. »Immer wieder ist Griechenland eine Schuldenerleichterung versprochen worden, wenn die Reformen durchgeführt werden«, sagte der SPD-Politiker im Mai der »Süddeutschen Zeitung«. »Jetzt müssen wir zu diesem Versprechen stehen.«

Auch der IWF verlangt, dass es schon jetzt ein Signal gibt. »Die Gläubiger müssen die Schuldenerleichterung nicht vor Ende des Programms umsetzen«, so Lagarde. »Aber sie muss jetzt sehr klar benannt werden, um eine Wende zu signalisieren, damit die Märkte sagen: ›Der Schuldenstand dieses Landes ist tragfähig - wir können also investieren‹.«

Seit 2010 erhält Griechenland internationale Kredite, vor allem weil das massiv überschuldete Land sich seit Jahren nicht mehr zu auskömmlichen Bedingungen Geld am freien Kapitalmarkt leihen kann. Mittlerweile läuft das dritte, im Sommer 2015 vereinbarte Hilfsprogramm mit einem Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro. Zahlungen erhält Griechenland allerdings nur in Teilsummen. Ob die einzelnen Tranchen ausgezahlt werden, hängt unter anderem davon ab, ob Athen die harten Sparauflagen umsetzt, zu denen die Gläubiger es immer wieder verpflichten. So setzte Ministerpräsident Alexis Tsipras erst im Mai mit seiner Mehrheit ein fünf Milliarden Euro schweres Sparpaket im griechischen Parlament durch.

Der IWF betont seit Monaten, dass die griechische Schuldenlast - zurzeit knapp 180 Prozent des Bruttoinlandproduktes - nicht mehr tragbar sei. Daher rührt die Forderung nach der Zusage weiterer Erleichterungen. Denn ohne das Zeugnis »tragfähige Schuldenlast« dürfte der IWF nach seinen eigenen Vorschriften kein neues Hilfspaket schnüren. Der Konflikt mit den Europäern dreht sich dabei auch darum, ob der IWF zu pessimistische Annahmen für das Wirtschaftswachstum der nächsten Jahre zugrunde legt.

Im Streit mit den Europäern deutete Lagarde eine Kompromisslinie an: »Wenn die Gläubiger noch nicht so weit sind, unsere Annahmen zu respektieren und zu akzeptieren, wenn sie dafür mehr Zeit benötigen, können wir ihnen etwas mehr Zeit geben«, sagte Lagarde der Zeitung. »Es kann also ein Programm geben, bei dem die Auszahlung erst dann geschieht, wenn die Schuldenmaßnahmen von den Gläubigern klar umrissen worden sind.« dpa/nd Kommentar Seite 4