nd-aktuell.de / 13.06.2017 / Politik / Seite 7

Wende zur Twerskaja

Moskauer Behörden warnten vor Provokation

Anna Malpas, Moskau

»Hallo, hier ist Julia Nawalnaja... Alexej ist im Hauseingang festgenommen worden. Er hat gebeten, Euch zu sagen, dass sich an unserem Vorhaben nichts geändert hat: Twerskaja«, schrieb Nawalnys Frau am Montag im Kurzbotschaftendienst Twitter mit Blick auf die zum Kreml führende Hauptstraße, wo die nicht genehmigte Demonstration stattfinden sollte. In einer weiteren Botschaft auf Nawalnys offiziellem Twitter-Konto waren zahlreiche Polizeiautos vor dem Eingang eines Gebäudes zu sehen. Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch bestätigte die Festnahme des Oppositionspolitikers. Sie teilte zudem mit, dass in den Büros von Nawalnys Anti-Korruptions-Organisation der Strom abgestellt worden sei.

Nawalny hatte am Sonntagabend überraschen angekündigt, den Ort der Protestveranstaltung zu ändern, weil die Stadtverwaltung von Moskau die Organisatoren daran gehindert habe, am eigentlich vorgesehenen Ort eine Bühne und anderes Material aufzubauen. Der 41-jährige Oppositionspolitiker kündigte daraufhin an, die Demonstration werde auf der Twerskaja Straße stattfinden.

Die Stadtverwaltung sprach von »Provokation«. Die Polizei warnte, dass an dem Ort bereits eine andere Veranstaltung stattfinde, die durch den Protest beeinträchtigt werde. »Jegliche provokative Aktion der Demonstranten wird als eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung angesehen und sofort beendet«, hieß es von der Polizei. Die Stimmung war angespannt.

Landesweit gab es am Montag Demonstrationen von Nawalny-Anhängern. Im sibirischen Nowosibirsk protestierten am Montag nach Angaben örtlicher Medien rund 3000 Menschen gegen Korruption, weitere Demonstrationen gab es in zahlreichen anderen Städten. Die russische Website OVD Info, die Festnahmen bei Protestveranstaltungen registriert, teilte mit, knapp 30 Menschen seien landesweit vor Beginn der Demonstration in der Hauptstadt festgenommen worden.

Die Demonstranten ließen sich davon nicht abschrecken. »Es war klar, dass sie ihn sofort festnehmen werden«, sagte der 16-jährige Igor zur Festsetzung Nawalnys und fügte hinzu, er rechne auch damit, selbst festgenommen zu werden. Er trug ein Schild mit der Aufschrift »Die Korruption klaut die Zukunft«. AFP