nd-aktuell.de / 14.06.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Patientendaten sollen besser vernetzt werden

Beim Digitalgipfel von Regierung und Wirtschaft stand in diesem Jahr das Gesundheitswesen im Mittelpunkt

Ludwigshafen. Beim Digitalgipfel hat Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) die Unternehmer aufgefordert, in der flotten Konjunktur ihre Hausaufgaben in der Digitalisierung nicht zu vernachlässigen. Wenn Unternehmen vor allem damit beschäftigt seien, ihre vollen Auftragsbücher abzuarbeiten, fehle womöglich die Zeit für die Entwicklung von Digitalstrategien. Daher berge der gegenwärtige Erfolg der Wirtschaft auch eine Gefahr, mahnte Zypries am Dienstag zum Auftakt des Hauptprogramms auf dem zweitägigen Spitzentreffen in Ludwigshafen.

Bundesregierung, Wirtschaftsunternehmen und Wissenschaftler beraten seit 2006 einmal jährlich über den Stand der Digitalisierung. Das Spitzentreffen wurde bisher als Nationaler IT-Gipfel bezeichnet, in diesem Jahr heißt es erstmals Digitalgipfel. Schwerpunkte früherer Konferenzen waren unter anderem Fachkräftemangel, Green IT, Ausbau des Breitbandnetzes und Arbeitswelt im digitalen Wandel.

In diesem Jahr ist die Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel und fünf Fachministern vertreten. Hauptthema des zum elften Mal stattfindenden Forums ist die Vernetzung und Zentralisierung von Patientendaten im Gesundheitswesen. Die rund 1000 Teilnehmer befassen sich unter anderem mit Modellen, wie die bislang verstreut beim Arzt oder in Kliniken gespeicherten Daten zen-tralisiert und für effizientere Therapien genutzt werden können. Bei der Entwicklung von digitalen Anwendungen für das Gesundheitswesen müsse der Datenschutz gewahrt bleiben, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). »Datensouveränität der Patienten spielt bei diesem Thema mit Sicherheit eine ganz besondere Rolle.« Sie sei aber überzeugt, dass am Ende der Gewinn für die Menschen überwiegen werde. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte vor einem automatisierten Zugriff für Krankenkassen und Unternehmen.

Dagegen monierte der Bundesverband digitale Wirtschaft (BVDW) eine schleppende Entwicklung. »Wir hoffen, dass die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit die ersten digitalen Inseln nicht allzu klein ausfallen«, sagte der Arzt und Start-up-Gründer Emil Kendziorra, der einen anlässlich des Gipfels veröffentlichten Leitfaden des BVDW federführend mitgestaltete.

Im internationalen Vergleich liegt Deutschland bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens laut dem Papier im hinteren Drittel. Dabei würde eine Reihe von Hürden die Entwicklung bremsen. Dazu zählten eine starre Regulierung, träge Strukturen der Krankenversicherungen, Datenschutz und Datensicherheit sowie ein Mangel an Bekanntheit und Vertrauen in neue digitale Lösungen.

Das Hasso-Plattner-Institut in Potsdam (HPI) stellte auf dem Digitalgipfel einen »radikal patienten- oder bürgerorientierten Ansatz« vor. »Dabei bieten wir den Patienten die Möglichkeit, ihre Daten in einer Gesundheitscloud abzulegen, die wir entwickeln«, sagte HPI-Direktor Christoph Meinel. Die Patienten können dann entscheiden, welcher Art von Datennutzung auf Seiten von Ärzten, Krankenhäusern oder Unternehmen sie zustimmen. dpa/nd