nd-aktuell.de / 17.06.2017 / Wissen / Seite 20

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Peter Kretschmer

12. 11. 1938 - 8. 6. 2017

DDR, Anfang der 1960er Jahre: In den meisten Familien arbeiteten beide Elternteile voll, doch die Frauen waren nebenbei oft trotzdem für Haushalt und Kochen zuständig. Wer das alles unter einen Hut bekommen wollte, brauchte schnell und praktisch zu verarbeitende Lebensmittel. Der Lebensmittelchemiker Peter Kretschmer entwickelte sie für sie. Am Potsdamer Institut für Getreideverarbeitung stellte er Tempoerbsen und -bohnen her, fand eine Möglichkeit, aus Mais Cornflakes zu machen, ohne auf Westpatente zurückzugreifen, und erfand den begehrten Kaugummi für die DDR-Bürger neu.

Nach der Wende geriet das Institut in den Blick der Treuhand, Kretschmer und seine Mitstreiter retteten ihre Arbeitsplätze jedoch, als Geschäftsführer war der Vater zweier Kinder anschließend für 120 Angestellte zuständig. Er beschäftigte sich dort noch bis vor zwei Jahren mit der Algenforschung und -züchtung für die Kosmetik-, Medizin- und Futtermittelindustrie. Pressefotos aus den vergangenen Jahren zeigen ihn oft stolz vor dem Photobioreaktor, in dem die Algen kultiviert werden. Der 78-Jährige, der 1938 auf dem Fichtelberg als Kind des dort arbeitenden Meteorologen geboren wurde und jeden Tag auf seinem Schulweg 500 Höhenmeter überwinden musste, starb vergangene Woche. grg

Hein Verbruggen

21. 6. 1941 - 14. 6. 2017

Hein Verbruggen kann noch immer auf seine alten Kumpane zählen. Von 1991 bis 2005 war der Niederländer Präsident des Radsportweltverbands UCI, dazu 13 Jahre lang Mitglied im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Nachdem er am Mittwoch mit 75 Jahren einem Krebsleiden erlegen war, pries ihn IOC-Präsident Thomas Bach als »furchtlosen Kämpfer« mit »großem Engagement«. Verbruggen sei »Radsportfanatiker und wahrer Sportsfreund« gewesen.

Kein Wort von den dunklen Machenschaften, derer Sportsfreund Verbruggen beschuldigt wurde. Für Bestechungsvorwürfe fand eine von der UCI eingesetzte Kommission zwar keine Beweise. Allerdings verwies sie auf Verstöße gegen das Antidoping-Reglement. Lance Armstrong selbst beschuldigte Verbruggen, ihm bei der Tour de France 1999 geraten zu haben, ein Rezept rückdatieren zu lassen, um einen positiven Test zu erklären. Verbruggen bestritt das. Sein Credo: »Wenn die Leute zufrieden wären, dass die Tour mit 25 Stundenkilometern gefahren wird, gäbe es kein Dopingproblem. Will man aber 42 Kilometer, gibt es nur einen Weg, das zu erreichen: mit Doping.« ok