nd-aktuell.de / 21.06.2017 / Ratgeber / Seite 22

Wenn ein Richter einschläft ...

Was sonst noch passiert

Wer schläft, ist »geistig abwesend«. Dies gilt auch für Richter und kann zur Ungültigkeit eines Urteils führen, wie ein Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel zeigt. Das BSG hob deshalb ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg auf. Wegen eines schlafenden Richters sei dort die Richterbank nicht ordentlich besetzt gewesen.

Der Kläger begehrte von der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Vor dem zuständigen Sozialgericht Heilbronn hatte er mit seinem Klageantrag keinen Erfolg. Daraufhin rief der Mann das LSG in Stuttgart an. Die dortigen Senate sind mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt.

Die Verhandlung allerdings nahm einen ungewöhnlichen Verlauf: Einer der ehrenamtlichen Richter kam verspätet in den Sitzungssaal. Danach sei er auf seinem Platz »mit auf die Brust gesunkenem Haupt sofort eingeschlafen« und habe »die gesamte mündliche Verhandlung verschlafen«, rügte der Kläger. Er nahm seine erneute Niederlage vor dem LSG mit der Begründung nicht hin, weil der ehrenamtliche Richter nichts von der Verhandlung mitbekommen habe.

Das BSG holte Stellungnahmen mehrerer Zeugen der Verhandlung ein. Danach hatte sich der benachbarte Berufsrichter zwar bemüht, seinen ehrenamtlichen Senatskollegen durch gelegentliche »dezente« Fußtritte wach zu halten. Ohne Erfolg. Die Kasseler BSG-Richter kamen schließlich zu dem Ergebnis, dass der ehrenamtliche Richter »zumindest für einen erheblichen Teil der mündlichen Verhandlung geistig abwesend war«. Daher habe er sich auch »keine eigene Überzeugung in der Sache« und damit zum Urteil bilden können.

»Der Kläger rügt zu Recht eine nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Senats des LSG Baden-Württemberg in der mündlichen Verhandlung«, befand das Bundessozialgericht. Deshalb müssen das LSG in Stuttgart noch einmal neu über die Klage verhandeln. AFP/nd