nd-aktuell.de / 22.06.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

Middelhoff-Prozess vorläufig eingestellt

Ex-Topmanager verbüßt bereits eine Haftstrafe

Essen. Das Essener Landgericht hat das Verfahren gegen den früheren Topmanager Thomas Middelhoff wegen Anstiftung zur Untreue vorläufig eingestellt. Grund dafür sei, dass die zu erwartende Strafe angesichts der gegen Middelhoff bereits in einem früheren Verfahren verhängten dreijährigen Haftstrafe »nicht beträchtlich ins Gewicht falle«, sagte der Vorsitzende Richter Edgar Loch am Mittwoch.

Middelhoffs Verteidigerin Anne Wehnert begrüßte die Verfahrenseinstellung, da ihrem Mandanten damit ein langwieriges Verfahren erspart bleibe. Sie betonte jedoch gleichzeitig, dass sie »absolut sicher« sei, dass am Ende einer vollständigen Beweisaufnahme ein Freispruch gestanden hätte.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem ehemaligen Arcandor-Chef im Essener Verfahren vorgeworfen, die Aufsichtsräte des Unternehmens zur Untreue angestiftet zu haben, als es um seine Abfindung ging. Der Manager hatte noch wenige Monate vor der Pleite des Konzerns eine Erfolgsprämie von 2,3 Millionen Euro erhalten. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hatte er keinen Anspruch auf das Geld.

Middelhoff war bereits im Jahr 2014 vom Essener Landgericht unter anderem wegen Veruntreuung von Firmengeldern bei Arcandor zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Vor gut einem Jahr trat er die Haft an. Middelhoff verbüßt die Strafe im offenen Vollzug und arbeitet tagsüber als Freigänger in einer Behindertenwerkstatt in Bielefeld.

Dabei galt Middelhoff noch vor wenigen Jahren als einer der einflussreichsten Konzernchefs des Landes. Als Bertelsmann-Chef verdiente er Milliarden für den Gütersloher Medienriesen, danach machte er als Investmentbanker viel Geld in London und übernahm schließlich die Leitung des angeschlagenen Warenhauskonzerns KarstadtQuelle, später in Arcandor umbenannt. Dies erwies sich als Wendepunkt in Middelhoffs Karriere. Middelhoff erreichte keine nachhaltige Erholung des Handelsriesen. 2009 ging der Konzern pleite. dpa/nd