nd-aktuell.de / 22.06.2017 / Politik / Seite 6

Deutsche Firmen beuten aus

Studie zeigt Verstöße gegen Menschenrechte bei Auslandsgeschäften

Aachen. Bei Auslandsgeschäften deutscher Unternehmen im Energiesektor sind laut einer Studie von Hilfsorganisationen in den vergangenen Jahren vielfach Menschenrechte verletzt worden. Konzerne wie Siemens, EnBW und Wintershall hätten in mehr als zehn Fällen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht missachtet, hieß es in der am Mittwoch in Aachen veröffentlichten Untersuchung von Germanwatch und Misereor. Besonders bei Großprojekten würden häufig Lebensgrundlagen lokaler Gemeinschaften zerstört, Landrechte verletzt, Beteiligungsrechte der Betroffenen missachtet sowie Proteste unterdrückt und kriminalisiert.

Weltweit betreffe ein Drittel der unternehmensbezogenen Vorwürfe zu Menschenrechtsverletzungen den Energie- und Rohstoffsektor, heißt es in der Studie. Daran seien auch immer wieder deutsche Konzerne beteiligt. »Deutsche Unternehmen tragen Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte, wenn sie Kohle und Erdöl aus problematischen Fördergebieten einführen oder sich als Zulieferer und Dienstleister etwa an Großstaudämmen beteiligen«, sagte Christoph Bals, politischer Geschäftsführer von Germanwatch.

Misereor und Germanwatch warfen der Bundesregierung vor, die Menschenrechte im Ausland nicht ausreichend zu schützen. »Einerseits fördert die Bundesregierung aktiv deutsche Auslandsgeschäfte im Energiesektor durch Außenwirtschaftsförderung, Kredite der KfW IPEX-Bank und Handelsabkommen der EU«, sagte Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor. Andererseits habe sie immer noch keine ausreichenden gesetzlichen Vorgaben getroffen, damit in jedem Fall die Menschenrechte von Anfang an respektiert würden.

Der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung vom Dezember 2016 bringe bisher keine substanziellen Verbesserungen, hieß es. Anders als Frankreich, Großbritannien und die Niederlande habe sich Deutschland noch nicht dazu durchringen können, Gesetze mit Menschenrechtsvorgaben für Auslandsgeschäfte von Unternehmen zu verabschieden. Immerhin plane die Bundesregierung ab 2018 eine jährliche Überprüfung der menschenrechtlichen Sorgfalt deutscher Unternehmen und wolle je nach Ergebnis ab 2020 gesetzliche Schritte erwägen. epd/nd