Schau mir in die Linse, Kunde!

Die digitale Ausspähung von Konsumenten nimmt zu - und die Gegenwehr auch

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Mal in Jogginganzug, Schlappen und unfrisiert schnell was einkaufen? In den Gängen schön unbeobachtet in der Nase bohren? Sieht ja keiner, zumindest nicht so viele. Könnte man denken. Unbeobachtet? Unbeobachtet ist ein Relikt der vordigitalen Gesellschaft, in der Augen auf guten alten Plakatwänden einen mit Sicherheit nur »ansahen« - und nicht analysierten.

Wo sich der Mensch heute als Kunde bewegt, ist er auch Lieferant von Daten, Zielobjekt derjenigen, die ihm mit digitaler Hilfe noch mehr andrehen wollen, und Forschungsobjekt für Softwareentwickler. Das Versuchsfeld: zum Beispiel ein Real-Supermarkt. Oder schlicht die Post.

Beide Unternehmen testen in Dutzenden Filialen Gesichtserkennungssysteme, die - integriert in digitale Werbeflächen - erkennen sollen, wer davor steht und für welche Produkte er oder sie womöglich empfänglich ist. Der Kunde erfährt weder etwas davon, noch sehen Kritiker diese Praxis im Einklang mit dem Datenschutzgesetz. Deshalb hat die Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage Strafanzeige gegen die Supermarktkette Real und die Deutsche Post gestellt. Deren Gebaren verletze das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, und man befürchtet »einen Dammbruch für weitere Begehrlichkeiten der Werbeindustrie«.

Datenerfassung und neue technische Möglichkeiten ziehen Dammbruch und politische Begehrlichkeiten an wie Hundehaufen die Fliegen. So steht nun erneut eine Debatte zur Nutzung von Daten der Mautüberwachung an. So mancher Innenminister kann es kaum erwarten, doch ob die Justizminister, die seit Mittwoch unter anderem über dieses Thema diskutieren, ihnen die Wünsche vollumfänglich erfüllen, muss sich zeigen. mdr

Seiten 5 und 19

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