nd-aktuell.de / 23.06.2017 / Politik / Seite 5

Weiterer Abschiebeflug nach Kabul

Maschine soll offenbar kommende Woche in Leipzig starten

Berlin. Obwohl die Sicherheitslage in Afghanistan schlecht ist, plant die Bundesregierung offenbar einen weiteren Abschiebeflug an den Hindukusch. Mehrere Medien berichteten übereinstimmend, dass am kommenden Mittwoch erneut ein Flugzeug mit abgelehnten Asylbewerbern nach Kabul starten soll. Auch die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) bestätigte entsprechende Planungen des Bundesinnenministeriums.

Spiegel irritiert das Vorhaben, da die deutsche Botschaft in Kabul dafür erst wieder hergerichtet werden müsse. Das Gebäude wurde Ende Mai durch einen verheerenden Bombenanschlag mit mehr als 150 Toten erheblich beschädigt. »Solange die deutsche Botschaft in Afghanistan nicht funktionsfähig ist und die behördliche Überstellung der Menschen im Flieger nicht gewährleistet ist, kann ich es nicht verantworten, aus Rheinland-Pfalz Menschen für diesen Flug anzumelden«, sagte Spiegel der dpa.

Das Bundesinnenministerium gab sich indessen bedeckt und wollte ein entsprechendes Vorhaben weder bestätigen noch dementieren. Das ist ein üblicher Vorgang der Behörde, um eventuelle Proteste zu verhindern und die Maßnahme nicht zu gefährden. Abschiebungen nach Afghanistan wurden von der Bundesregierung nach dem Bombenanschlag zwar eingeschränkt, aber nicht gänzlich ausgesetzt. Die Bundesregierung verständigte sich lediglich darauf, nur noch Straftäter, sogenannte Gefährder und Menschen, die ihre Identität nicht preisgeben wollen, abzuschieben.

Die Oppositionsparteien im Bundestag fordern dagegen einen kompletten Stopp der Rückführungen. Kein Verständnis dafür zeigt auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. »Es ist unfassbar und unerträglich, dass entgegen aller Fakten der nächste Flieger starten soll«, sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt. Das Auswärtige Amt müsse einen neuen Lagebericht zu Afghanistan vorlegen, »bevor Fakten geschaffen und Menschen in eine lebensgefährdende Situation abgeschoben werden«. Mit einem solchen Lagebericht wird erst im Juli gerechnet. sot