nd-aktuell.de / 24.06.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 8

Die Maschinerie unterbrechen

Niederländische Aktivistin Kasey Kinsella hofft im Interview auf rege Teilnahme an der Blockade des Amsterdamer Hafens

Benjamin von Brackel

Warum wollen sie am Wochenende Teile des Amsterdamer Hafens blockieren?
Wir wollen zeigen, wie dringlich es ist, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen und dass jedes Land und jeder einzelne die Chance hat, etwas zu tun. Ziviler Ungehorsam ist nötig, um den Wandel anzukurbeln. Der traditionelle Protest reicht nicht mehr aus - wir müssen die Maschinerie der fossilen Energien unterbrechen.

Was spricht gegen friedliche Demonstrationen auf der Straße?
Es braucht stärkere Mittel, um wirklich etwas zu erreichen. Traditioneller Protest schafft es nicht mehr, die Geschäfte der fossilen Energieunternehmen tatsächlich zu unterbrechen.

Warum haben Sie sich den Hafen in Amsterdam als Ziel ausgesucht?
Der Hafen ist der weltweit größte Hafen für Benzin und der zweitgrößte in Europa für Kohle. Wer sich auf dem Gelände bewegt, sieht die Logos der großen Ölkonzerne wie Shell, große Industriegebäude und Qualm, der in die Luft steigt. Dieser Hafen ist ein großes Symbol, deswegen protestieren wir dort. Hinzu kommt: Im Jahr 2015 verpflichtete ein Gericht in Den Haag die niederländische Regierung zu mehr Klimaschutz: Statt nur 17 Prozent der CO2-Emissionen bis 2020 einzusparen, müssten es mindestens 25 Prozent sein. Die Regierung hat erst versucht, das anzufechten, und nachdem das nicht geklappt hat, versucht sie mit allen Mitteln, stärkeren Klimaschutz zu verhindern. Deswegen machen wir Druck mit unserer Aktion des zivilen Ungehorsams.

Das niederländische Parlament hat vergangenes Jahr de facto einen Kohleausstieg beschlossen. Sind die Niederlande nicht auf einem guten Weg in Sachen Klimaschutz?
Ja, es gibt die Initiative, bis 2030 aus der Kohle auszusteigen. Aber das reicht nicht, es muss schneller gehen, um dem Klimawandel wirklich etwas entgegenzusetzen. Außerdem geht es ja nicht nur um die Kohle - die Niederlande nutzen schließlich noch andere fossile Energieträger wie Öl und Gas. Auch die industrielle Landwirtschaft wird fortgesetzt und spielt in der Wirtschaft des Landes eine riesige Rolle. Auf all das wollen wir aufmerksam machen, wenn wir den Hafen blockieren.

Was ist konkret geplant?
Am Freitag haben wir Trainings abgehalten, Experten halten Vorträge. Wir bereiten uns auf die Aktion vor, die dann am Samstag stattfindet.

Verstehen Sie die Blockade als rein symbolischen Akt oder wollen Sie praktisch etwas damit bewirken?Es ist nicht nur symbolisch. Wir wollen ganz physisch das Geschäft und die Profite der fossilen Unternehmen ins Stocken bringen, indem wir mit unseren Körpern den Hafeneingang blockieren. Wir wollen den Alltagsbetrieb so lange wie möglich unterbrechen.

Kommen Sie denn in den Hafen?
Ja, es gab strategische Planungen von Leuten, die Erfahrung damit haben. Wir wissen genau, wie wir uns vom Camp in den Hafen bewegen müssen.

In Ihren »Aktionsleitlinien« steht, Sie wollen verhindern, dass Leute Maschinen oder Infrastruktur beschädigen - was, wenn doch jemand damit anfängt?
Es ist auch Teil unseres Trainings, dass wir die Teilnehmer sensibilisieren, wo die Grenzen liegen. Auch innerhalb der Gruppen bekommt jeder einen Partner, der für den jeweils anderen verantwortlich ist. Damit verhindern wir, dass etwas aus dem Ruder läuft.

Wie viele Leute sollen kommen?
Mindestens Hundert. Wir haben Trainings im ganzen Land abgehalten, und auch aus Belgien und Deutschland werden Menschen kommen. Wir hoffen, es werden mehrere Hundert.