Werbung

»Werbung für Überwachungsstaat« kommt an

Berliner Polizei testet am Bahnhof Südkreuz intelligente Videoüberwachung / Polizei hat bereits 275 Teilnehmer rekrutiert

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Seite an Seite zeigten sich am Freitag die Bürgerrechtler von Digitalcourage und die Berliner Polizei am Berliner Bahnhof Südkreuz. Hier wirbt die Polizei mit einem Infostand bei Pendlern dafür, sich freiwillig filmen zu lassen. Für 25 Euro sollen sich Pendler an einem mehrmonatigen Versuch zu intelligenter Videoüberwachung beteiligen. Das erkennt die Gesichter der Personen mit einer Software automatisch.

Die Aktivisten von Digitalcourage protestierten mit einem Infostand direkt neben dem der Beamten gegen das, was sie als »Werbung für den Überwachsungsstaat« sehen. Sie fordern die Berliner auf mit kreativen Kopfbedeckungen und online unter dem Hashtag »SelfieStattAnalyse« gegen die zukünftige automatische Erfassung ihrer Gesichter zu protestieren. Den Teilnehmern winken »Anti-Überwachungs-Preise«.

Die Polizei hat nach eigenen Angaben bereits genug Freiwillige rekrutiert. Bereits am Donnerstagabend, nach nur vier Tagen Suche, war die Marke von 275 der gesuchten Teilnehmer erreicht. Das Testprojekt der Bundespolizei zur Gesichtserkennungssoftware soll am 1. August beginnen und sechs Monate dauern. Von den Teilnehmern werden Fotos gemacht und die sonstigen Daten registriert. Ein bestimmter Bereich im Bahnhof wird dann mit Kameras gefilmt. Die Polizei will so feststellen, wie zuverlässig die Kameras und Computer die Testpersonen anhand der gespeicherten Fotos erkennen. Beteiligt an dem Probelauf sind auch das Bundesinnenministerium, die Deutsche Bahn und das Bundeskriminalamt. Mit der automatischen Gesichtserkennung will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) künftig noch bessere Ergebnisse bei der Aufklärung von Straftaten erzielen.

Besorgt sind aber nicht nur die Aktivisten von Digitalcourage. Zumindest ein bisschen kritisiert auch die Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Andrea Voßhoff (CDU), das Testprojekt. Es sei »für sich genommen noch nicht als schwerwiegender Eingriff zu sehen«. Das ändere allerdings nichts an »grundsätzlichen Bedenken« gegen diese Technologie, so Voßhoff. »Sollten derartige Systeme später einmal in den Echtbetrieb gehen, wäre dies ein erheblicher Grundrechtseingriff,« erklärte Deutschlands oberste Datenschützerin. mit dpa

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal