nd-aktuell.de / 26.06.2017 / Politik / Seite 7

Riad verlangt die Unterwerfung

Zehn-Tage-Ultimatum Saudi-Arabiens mit 13 Forderungen an das Emirat Katar

Oliver Eberhardt, Nikosia

»Wenigstens wissen wir jetzt, wo wir stehen«, sagt der kuwaitische Außenminister Sabah al-Khalid al-Sabah, nachdem er am Freitag die Liste mit den Forderungen, die Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain an Katar stellen, an den katarischen Botschafter in Kuwait übergeben hatte. Das Emirat, fordert die Allianz, die nun seit gut drei Wochen eine Blockade des Landes am Persischen Golf aufrecht erhält, solle binnen zehn Tagen unter anderem den Senderverbund Al-Dschasira abschalten, die Beziehungen zu Iran einstellen und alle von Saudi-Arabien als terroristisch eingestuften Organisationen des Landes verweisen.

Außerdem wurde eine Liste von Personen übergeben, die ausgeliefert werden sollen. Auch Reparationszahlungen soll Katar leisten. Was nach Ablauf der Frist passiert? »Dann ist die Scheidung endgültig«, sagte VAE-Außenminister Anwar Gargasch am Wochenende.

»Damit könnten wir leben,« erklärte sein katarischer Amtskollege Sheikh Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim al-Thani am selben Tag. »Wir können Jahre, Jahrzehnte mit dieser Situation leben.« Die Forderungen seien nichts weiter als ein »dreister Versuch, unsere Souveränität zu beenden«. Die prosaudische Allianz will Katar auch zu zunächst monatlichen, später jährlichen Prüfungen zwingen. Schon vor Übergabe des Forderungskataloges verlangte das saudische Innenministerium zudem ein Vetorecht bei Einreisegenehmigungen für Katar.

Die Blockadeallianz beklagt, Katar gebe Gruppierungen wie der palästinensischen Organisation Hamas, der Muslimbruderschaft in Ägypten sowie dem Islamischen Staat eine Basis und unterstütze sie finanziell. Doch auf der saudischen Liste der Personen, die ausgeliefert werden sollen, stehen auch Gewerkschafter, Bürgerrechtler, Frauenrechtlerinnen. »Katar arbeitet mit Hilfe dieser Personen darauf hin, Saudi-Arabien zu destabilisieren«, sagt ein Sprecher des saudischen Außenministeriums und bezeichnet Al-Dschasira als das »weltweit größte Sprachrohr für Terrorpropaganda«.

Es heißt, dass der Sender Vertreter der Hamas, der Huthi-Milizen in Jemen und der Muslimbrüder zu Wort kommen lasse. Diese Gruppen seien militant, aber sie seien auch Teil der Realität in der arabischen Welt, heißt es bei Al-Dschasira. Man verweist darauf, dass gleichermaßen über andere politische Strömungen in der Region berichtet werde. »Es ist ganz offensichtlich, dass diese Beiträge zur Meinungsbildung in den entsprechenden Ländern als Bedrohung empfunden werden«, sagt Außenminister Mohammed bin Abdulrahman.

Schon seit Beginn der Krise bemühen sich Kuwait und die Vereinigten Staaten darum, in dem Konflikt zu vermitteln. Doch die Bemühungen der USA sind bislang ob des diplomatisch unerfahrenen Außenministers Rex Tillerson weitgehend im Sande verlaufen; US-Diplomaten äußern sich mittlerweile offen frustriert: Vor eineinhalb Wochen erklärte die US-Botschafterin in Doha, Dana Shell Smith, ihren Rückritt; es falle ihr schwer, die US-Politik im Ausland zu vertreten, hatte sie in der Vergangenheit mehrmals erklärt. Nach ihrer Demission ließ sie mitteilen, sie wolle die Gründe dafür nicht erläutern. Der Umgang Trumps mit der Katar-Krise habe sie aber in ihrer Meinung bestärkt. Der US-Präsident hatte Katar als »Finanzier von Terrorismus« bezeichnet, während Tillerson zur Mäßigung aufrief. Kurze Zeit darauf wurde ein Rüstungsdeal mit Katar bekannt gegeben und am Freitag bezeichnete Sean Spicer, Sprecher des Weißen Hauses, die Krise als »Familienangelegenheit«.

Kuwaits Außenminister Sabah warnte am Sonntag vor einer Eskalation; sofortige Verhandlungen seien notwendig; es dürfe keine Situation entstehen, in der beide Seiten nicht mehr zurück können. Denn schon jetzt wird in den saudischen Medien Stimmung gegen Katar gemacht. Das Emirat, das gegenüber Kritikern auch nicht zimperlich ist, erklärt sich unterdessen zum Hort der Meinungsfreiheit. Kommentar Seite 4