Der König der Spiele klopft an die Kinderzimmertüren

Sachsen-Anhalt: Die 2016 gegründete «Schachstiftung - GK» versucht, Sponsoren für eine gezielte Nachwuchsförderung zu gewinnen

  • Wolfgang F. Salzburg
  • Lesedauer: 3 Min.

«Spielen Sie Schach?» «Ja, aber nicht besonders!» Macht nichts, ich bin auch nur ein lausiger Spieler! Versuchen wir es einmal miteinander?« So oder ähnlich wird sich Tausende Male die Einladung zum König der Spiele angehört haben. Und manchmal ist dann einfach mehr daraus geworden.

König der Spiele, wie würdevoll und abschreckend zugleich das klingt. Birgt es doch einen Anspruch, dem man vielleicht nicht gewachsen sein könnte? Das persische Wort »Schah«, aus dem im Deutschen das Wort Schach wurde, bedeutet ja selbst schon König.

Die organisierte Schachspielgemeinde in Deutschland ist recht überschaubar. Nur rund 0,1 Prozent der Bevölkerung spielt, in rund 2500 Vereinen, Schach. Dabei steigt die Zahl derer, die sich diesem Spiel hingezogen fühlen - wider Erwarten. Von Bedeutung hier ist das gestiegene Interesse bei Mädchen am Schachspiel. Schach ist nicht nur eines der beliebtesten Brettspiele, es ist auch ein gutes Training für Aufmerksamkeit, Kombinations- und Konzentrationsfähigkeit. Trainer von Kindergruppen weisen immer wieder darauf hin, dass man Kinder nicht unterschätzen sollte. Unter dem Motto »spielend lernen« und »lernend spielen« kann man ihnen auch Schwieriges vermitteln. Nicht umsonst sagt ein altes Sprichwort: »Früh übt sich, wer ein Meister werden will.«

Das hatten einige Schachenthusiasten im Sinn, als sie am 28. Februar 2013 in Halle den Verein »Kinderschach in Mitteldeutschland« gründeten. Dieser soll das Personal von Vorschuleinrichtungen in das Regelwerk des Schachspielens einführen und die interessierten Einrichtungen mit Spielen ausstatten.

Ganz so neu ist diese Idee allerdings nicht. Das sehen wir am Schachdorf Ströbeck am Harz. Hier reicht die Geschichte des Schachspiels bis in das frühe 11. Jahrhundert zurück, als Bischof Arnulf von Halberstadt einen Gefangenen edlen Geblüts auf dem Wartturm festsetzte. Die ihn bewachenden Bauern behandelten ihn gut und der dankbare »Gast« unterwies sie im Gegenzug in der Kunst des Schachspielens. Das Schachbrett fand nicht nur Eingang in das Ströbecker Stadtwappen, das Spiel wurde ab 1823 auch Unterrichtsfach an der Ströbecker Schule.

Doch auch die beste Idee taugt nichts, wenn man nicht über das notwendige Kleingeld verfügen kann, um sie realisieren zu können. Das dachte sich auch Dr. Gerhard Köhler, als er sich am 10. August 2016 entschloss, die »Schachstiftung - GK« zu gründen und sie mit dem notwendigen Startkapital auszustatten. Die Aufgabe der Stiftung ist es, Sponsoren zu gewinnen, die das Projekt Kinderschach in Deutschland nach Kräften unterstützen. Für das erklärte Ziel, das Brettspiel bereits in Kindereinrichtungen zu lehren, nennt Köhler, der selbst seit dem sechsten Lebensjahr Schach spielt und 2016 auf der griechischen Insel Kos Amateurschachweltmeister wurde, fünf Gründe: Chancengerechtigkeit, steter Umgang mit der Muttersprache in seinem spielerischen Umfeld hilft den Wortschatz zu erweitern, Inklusion wird leichter und besser möglich, Förderung altersübergreifender Kommunikation, weil Schachspielen keine Altersgrenzen kennt und Kampf gegen digitale Demenz. Schach kann also ein Naturheilmittel gegen die Sucht von Kindern nach Internet, Spielekonsole und Smartphone sein.

Die Aktion Kinderschach beschreitet einen Weg, der schon nach einer relativ kurzen Zeit erfolgreich ist. Inzwischen wird an Vorschuleinrichtungen in neun Bundesländern Schach gespielt. Wenn das nicht eine gute Nachricht ist?

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal