nd-aktuell.de / 30.06.2017 / Politik / Seite 10

»Mal wieder richtig streiken«

24-stündige Streiks sollen den Metallarbeitgebern mehr Dampf machen

Hans-Gerd Öfinger

Die IG Metall bereitet sich auf eine größere Auseinandersetzung mit den Arbeitgebern der Metall- und Elektroindustrie vor. Nach jahrelangen Tarifrunden, bei denen allenfalls zwei- oder vierstündige Warnstreiks die stärksten Waffen der größten deutschen Gewerkschaft waren, könnte es Anfang 2018 zu spürbareren und wirksameren Arbeitsniederlegungen kommen. Demnach soll künftig auch 24 Stunden lang gestreikt werden können. Mit der zusätzlichen Eskalationsstufe soll der Druck auf das Unternehmerlager gesteigert werden. Die sogenannten Tagesstreiks sind bereits in die Satzung aufgenommen. In den Bezirken finden Schulungen dazu statt.

Bislang waren Warnstreiks bestenfalls vier Stunden lang. Als weitere Steigerung sind nun bundesweite Streiktage möglich, die rund um die Uhr greifen. Dem liegt die Ansicht vieler Gewerkschaftsaktivisten zugrunde, dass die Auswirkungen von Kurzstreiks zu gering und für die Unternehmen kalkulierbar sind. Vor dem Hintergrund der Just-in-time-Produktion und eng vertakteter Lieferketten könne nur ein längerer Ausstand spürbareren wirtschaftlichen Schaden anrichten - also wirken. Die IG Metall müsse »mal wieder richtig streiken«, wird ein Basisgewerkschafter in einem Arbeitskampfkonzept zitiert, das in einem längeren Diskussionsprozess entstand.

Bei der neuen Eskalationsstufe handele es sich keinesfalls um einen »Automatismus«, heißt es darin. Zugrunde liegen müssten eindeutige Mitgliedervoten, die die Kampfbereitschaft ausdrücken. Die ins Auge gefassten Betriebe müssten einen »sehr guten Organisationsgrad« und einen »aktiven Funktionärskörper« aufweisen und sich bereits an kürzeren Warnstreiks beteiligt haben. Bei 24-stündigen Warnstreiks, wie sie andere Gewerkschaften schon länger praktizieren, ist auch eine finanzielle Unterstützung aus der Gewerkschaftskasse vorgesehen. Dies setzt einen Vorstandsbeschluss voraus.

Befristete Warnstreiks verbleiben immer noch unterhalb der Schwelle unbefristeter Arbeitskämpfe und Erzwingungsstreiks. Die Wirksamkeit von Tagesstreiks könnte schon im Winter erprobt werden. Gewerkschaftschef Jörg Hofmann erklärte diese Woche in Mannheim: »2016 haben wir eine Feuerwehrübung gemacht. 2018 könnte es ernst werden.«