nd-aktuell.de / 01.07.2017 / Sport / Seite 11

Dawai, dawai!

Nicht nur die Finalisten aus Deutschland werten den Confed Cup als Erfolg

Jirka Grahl

Nun also auch noch ins Endspiel, und das mit jugendlicher Leichtigkeit: Nach dem 4:1 (2:1) gegen Mexiko spielen Joachim Löws Jungspunde am Sonntag in St. Petersbug gegen Chile um den Konföderationenpokal. Es ist der erste Finaleinzug des Deutschen Fußball-Bundes, den Leon Goretzka mit dem schnellsten Doppelpack der DFB-Historie (6. und 8. Minute), Timo Werner (59.) und Amin Younes (91.) besorgten. Selbst Löw zeigte sich am Freitag noch mal überrascht von der Souveränität, mit der seine Spieler in Russland durchs Turnier spaziert sind: »Das Finale hat keiner voraussehen können.«

Unabhängig davon, ob die Deutschen nun am Sonntagabend den Pokal hochhalten werden, ist es schon eine lustige Pointe, dass das Turnier ausgerechnet den Deutschen so viel Freude bringt. Wohl nirgendwo ist der Confed Cup derart gescholten worden wie in Deutschland, wo vor allem aus den Bundesligaklubs immer wieder zu vernehmen war, für wie überflüssig man das Aufeinandertreffen der Erdteilmeister hält. Dank der Erfolgssträhne des DFB-Perspektivteams schalteten am Donnerstagabend immerhin mehr als zehn Millionen Fernsehzuschauer die Übertragung des Halbfinals in Sotschi ein, womit man natürlich weit entfernt von den Bestwerten liegt, die Manuel Neuer und Co. erzielen können (weit mehr als 20 Millionen) - ganz zu schweigen vom Allzeitrekord von 34,65 Millionen Zuschauern während des WM-Finals 2014.

Die Kritiker werden auch nach dem Turnier 2017 anführen, dass es sich beim Confed Cup um ein künstliches Produkt handelt, einen Fußballwettbewerb, einst erfunden zum Ergötzen des saudi-arbischen Königshauses. Schließlich spielten die Meister der Kontinente bis 1999 noch um den König-Riad-Pokal, der erst seither als Confed Cup firmiert. Und doch bot der Wettbewerb einige hochklassige Partien, zumeist übrigens, wenn die Deutschen beteiligt waren. Aber selbst Spiele wie Australien gegen Chile oder Mexiko gegen Neuseeland hatten ihren Unterhaltungswert. Auch sportlich ließ sich die Ausrichtung des Pokals allemal rechtfertigen.

Nicht nur Joachim Löw bot sich dabei die Gelegenheit zum Ausprobieren: Auch der Weltverband FIFA testete, und zwar seinen Videobeweis. Ein System, das noch lange nicht so funktioniert, wie es soll. Viel zu oft irrten die Schiedsrichter nach dem Zeigen der Viereck-Geste, zeigten die richtige Karte entweder dem Falschen oder auch gar keinem. Und so mancher Elfmeter wurde schlicht übersehen wie beispielsweise für den Finalisten Chile im ersten Halbfinale gegen Portugal.

Und natürlich Russland, die Gastgeber: Sie gaben sich alle erdenkliche Mühe, das Turnier zu einem Erfolg werden zu lassen. In den Stadien und um sie herum lief so ziemlich alles perfekt, massenhaft Freiwillige und noch mehr Polizisten sorgten für reibungslose Abläufe. Fremdenfeindlichkeit: Nicht einen Fall gab es zu vermelden, im Gegenteil, die Russen verbrüderten sich gern mit den wenigen Fans, die zu dieser WM-Generalprobe gekommen waren. Auch während der WM 2018 wird sich kein ausländischer Fan fürchten müssen. Das Problem mit den Hooligans werde offenbar auf russische Weise gelöst, sagt ein Vertreter einer internationalen Organisation in Moskau: »Die Schwerenöter werden entweder weggesperrt oder anderweitig vom Stadion ferngehalten. Die WM wird sicher friedlich bleiben!« Dawai, dawai, für 2018!

Für die Russen bedeutet das Gelingen des Cups die erste kleine Genugtuung, die im kommenden Jahr mit dem größten Sportereignis zu einer vollumfänglichen werden soll. Tief sitzt noch der Stachel von den Winterspielen in Sotschi 2014, als die Weltmedien lustige Bilder von verkehrt montierten Toiletten in den Mediendörfern durch die sozialen Netzwerke schickten. Eine schreiende Ungerechtigkeit, fanden die Gastgeber, schließlich seien die Spiele, die mit Abstand die teuersten aller Zeiten waren, doch perfekt gelaufen!

Heute weiß man, dass die Russen in Wahrheit Glück gehabt hatten: Der große PR-Gau für Sotschi folgte erst 2016, als herauskam, dass dort systematisch Dopingproben russischer Athleten ersetzt wurden. Kronzeuge: der Laborleiter. Es folgten die McLaren-Berichte eins und zwei, die auch beim Confed Cup 2017 eine Rolle spielten: Der Verdacht, die 23 WM-Spieler der Sbornaja 2014 seien gedopt gewesen, wird noch überprüft. Hier droht das größte Konfliktpotenzial hinsichtlich der WM 2018: Was, wenn das systematische Doping im russischen Fußball nachgewiesen würde? Wie würde die FIFA reagieren? Mit einer WM-Endrunde, von der der Gastgeber ausgeschlossen ist?

Hinsichtlich der im russischen Alltag drängenden Themen Homophobie und Rassismus ergab sich bei diesem Turnier nichts Bemerkenswertes. Die Gastgeber werden das als Erfolg werten: Sie können den Confed Cup als bestanden abhaken. Die Zukunft des Turniers selbst steht indes in den Sternen. In vier Jahren müsste es in Katar ausgetragen werden. Ein Turnier im Vorwinter der WM? Die Klubs werden es zu verhindern wissen.