nd-aktuell.de / 05.07.2017 / Ratgeber / Seite 26

Digitaler Nachlass und das Erbe

Streit ums Facebook-Konto

In zweiter Instanz änderte das Kammergericht Berlin am 31. Mai 2017 ein Urteil des Landgerichts Berlin ab, das den Eltern als Erben Anspruch auf die Zugangsdaten ihrer Tochter zugesprochen hatte. Das Gericht ließ Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Die Schülerin war vor eine U-Bahn geraten und gestorben. Da die Umstände des Tods unklar blieben, hoffen die Eltern darauf, über die Facebook-Seite Hinweise auf mögliche Suizidabsichten zu bekommen. Nach dem Urteil des Berliner Kammergerichts steht aber der Schutz des Fernmeldegeheimnisses dem Anspruch der Erben entgegen, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten.

Das Kammergericht ließ offen, ob die als Klägerin auftretende Mutter und der Kindsvater als Erben in den Vertrag eingerückt seien, den die verstorbene Tochter mit Facebook geschlossen hatte. Grundsätzlich sei es zwar möglich, in den Vertrag einzutreten und passive Leserechte zu erhalten. In den von Facebook gestellten Nutzungsbedingungen sei nicht geregelt, ob Rechte aus dem Vertrag im Fall des Tods des Nutzers auf seine Erben übergehen könnten.

Die Fragen der Vererbbarkeit seien für das Gericht nicht zu entscheiden gewesen, weil das Fernmeldegeheimnis dem Zugang zu den Inhalten entgegenstehe. Da dieses vom Grundgesetz geschützt sei, ergebe sich eine Schutzpflicht des Staats. Dies gelte auch für bei Facebook gespeicherte Kommunikationsinhalte. Das Erbrecht nach BGB lasse auch nicht erkennen, dass der Gesetzgeber das Fernmeldegeheimnis einschränken wolle.

Dem Gericht zufolge gab die Mutter an, von ihrer Tochter die Zugangsdaten des von Facebook gesperrten Kontos überlassen bekommen zu haben. Dies war laut Gericht nicht zu klären. Es sei aber nicht zu entscheiden gewesen, weil auch die Menschen, mit denen die Tochter schrieb, einen Schutz ihrer Kommunikation beanspruchen können. Auch diese müssten deshalb auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses verzichten, bevor die Eltern Zugriff auf das Konto bekommen könnten. AFP/nd