Debatte über Konsequenzen aus Busunfall

Kritik an Sicherheitslücken und Behinderung der Retter

  • Lesedauer: 2 Min.

Münchberg. Nach dem verheerenden Unfall auf der Autobahn 9 in Nordbayern ist eine Diskussion über Sicherheitslücken in Reisebussen entbrannt. Erst seit November 2015 müssen Busse mit einem Notbremssystem ausgestattet sein. Dieses lasse sich aber leicht abschalten, kritisierte der Kraftfahrtexperte des TÜV Rheinland, Hans-Ulrich Sander, am Montagabend im ZDF. »Die Abschaltbarkeit eines solchen Notbremssystems halte ich für verkehrt«, sagte er und forderte, die Gesetzeslücke schnell zu schließen. Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer, sagte in der ARD: »Das große Problem liegt in den Innenraummaterialien der Busse: Sie sind deutlich leichter entflammbar als die, die die Deutsche Bahn verbauen muss.«

18 Menschen kamen am Montagmorgen beim Brand eines Reisebusses nahe Münchberg ums Leben. 30 weitere Reisende wurden verletzt, einige von ihnen schwer. Der Bus war aus noch ungeklärter Ursache auf einen Lastwagen aufgefahren und in Brand geraten. Nur ein Stahlgerippe blieb übrig.

Auch Hermann Winner, Experte für autonomes Fahren an der TU Darmstadt, erklärte auf dpa-Anfrage: Damit solche Unfälle nicht mehr passierten, seien nicht abschaltbare Notbremssysteme wichtig, die auf die Enden von Staus reagierten. Bis Reisebusse ganz autonom führen, werde es noch dauern. Die heutige Technik könne viele besondere Situationen noch nicht beherrschen.

Bei Notbremsassistenten erkennen Kameras und Radarsensoren Hindernisse auf der Fahrbahn, machen mit Warnlicht und Warnton auf die Gefahr aufmerksam und bremsen automatisch, wenn der Fahrer nicht reagiert. Damit lässt sich ein Aufprall zumindest abmildern oder im Idealfall auch ganz verhindern. Allerdings sparen sich manche Busunternehmen, was gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben ist, oder Fahrer schalten das System ab.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte zudem ein konsequenteres Vorgehen gegen Autofahrer, die bei Staus keine Rettungsgasse bilden. Der Gesetzgeber reagiere »sehr konsequent«, sagte Herrmann im Deutschlandfunk. Entscheidend sei aber, dass das Einhalten der Vorschriften auch kontrolliert werde.

Am Freitag wird der Bundesrat über höhere Bußgelder für Gaffer beraten. Die Debatte läuft schon länger, der Gesetzesvorstoß hat nichts mit dem aktuellen Unfall zu tun. Agenturen/nd

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