nd-aktuell.de / 06.07.2017 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 9

Abschied vom Verbrennungsmotor

Der schwedische Hersteller Volvo will ab 2019 nur noch Autos mit Elektroantrieb bauen

Bengt Arvidsson, Stockholm

Während deutschen Autobauern schon der Abschied vom Dieselmotor schwerfällt, hat Volvo als erster größerer Autohersteller der Welt am Mittwoch angekündigt, sämtliche neuen Modelle mit Elektromotoren auszustatten. Und dies schon ab 2019. Von einer »neuen Epoche«, einem »historischen Schritt« war in der schwedischen Wirtschaftspresse die Rede. »Das markiert das Ende des einzig mit Verbrennungsmotoren betriebenen Autos«, sagte Volvo-Cars-Chef Hakan Samuelsson laut einer Mitteilung des Unternehmens.

Drei neue Autotypen soll es geben: Neben Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen, die auch über einen Stecker aufgeladen werden können, will Volvo eine »milde« Variante davon anbieten, in denen der Batteriebetrieb den Verbrennungsmotor nur ergänzt. Zwischen 2019 und 2021 sollen fünf nur mit Strom betriebene Fahrzeuge auf den Markt kommen. Schritt für Schritt will Volvo so ins Elektrozeitalter. Bis 2025 soll eine Million Elek-troautos verkauft sein.

Die einst kriselnde schwedische Automarke wurde 2010 vom chinesischen Autokonzern Geely aufgekauft. Die Chinesen benötigten dringend technische Fähigkeiten aus dem Westen und eine vertrauenswürdige Marke für den weltweiten Export. Nach anfänglichen Sorgen um möglichen Arbeitsplatzabbau gilt der Verkauf nach China heute als Erfolg. Volvo ging es von Jahr zu Jahr besser, im Hauptsitz in Göteborg mussten immer mehr Leute angestellt werden.

China mit seinen gewaltigen Smogproblemen in Ballungsräumen ist bereits aus dieser Not heraus zum größten Elektroautoverkäufer der Welt geworden. 265 000 reine Stromautos wurden im Reich der Mitte 2016 verkauft, schon 2015 lag der Marktanteil bei rund zwei Prozent. In ganz Europa lag der Anteil laut einer Studie des Centers of Automotive Management nur bei einem Prozent.

Die Umstellung berge große Risiken für Volvo, in einem technisch noch nicht ausgereiften Markt mit bei weitem nicht eindeutigen Einwicklungsprognosen, aber auch gewaltigen Chancen, kommentierte die Tageszeitung »Svenska Dagbladet«. Weltweit sei nur ein Prozent aller verkauften Autos rein elektrisch angetrieben. Es könnte für den Wandel zu früh sei, Umsätze könnten einbrechen.

Doch bei Volvo ist man optimistisch: Die alten Modelle sollen nach und nach aus dem Sortiment verschwinden. Die Verkaufszahlen für sowohl reine Stromer wie hybride Autos steigen aber mit rund 40 Prozent pro Jahr drastisch, wenn auch auf niedrigem Niveau. Chancen liegen darin, dass sich Volvo in der Stromnische noch vor VW und BMW und auf Augenhöhe mit dem US-Stromautobauer Tesla etablieren könnte.

Volvo begibt sich mit seiner strategischen Marketingaktion vom Mittwoch in den direkten Kampf mit Tesla. Der will vom Nischenmarkt für wohlhabende Kunden mit Umweltbewusstsein auf den Massenmarkt umsteigen und bietet mit seinem neuen Model 3, dessen Produktion gerade begonnen hat, ein preiswerteres Volksauto an. Die ersten sollen Ende Juli ausgeliefert werden.

Der Zeitpunkt der Ankündigung ist gut gewählt, Volvo strotzt vor Stärke: 2016 konnte Volvo Cars seinen Gewinn um 67 Prozent zum Vorjahr auf 7,5 Milliarden Kronen (778 Millionen Euro) erhöhen. Bis 2020 könnte der Autobauer bis zu 800 000 Autos verkaufen. Zudem könnte der Einstieg in den Stromermarkt Investoren bei einem möglichen Börsengang anziehen. Aktionäre schätzen Elektroautos inzwischen sehr: So liegt der Börsenwert von Tesla mit seinen nur 84 000 Autoverkäufen 2016 bereits über dem von Autogiganten wie Ford, General Motors und BMW.

Ob Volvo Cars aber der klimarettende Übergang marktwirtschaftlich gelingt, hänge vor allem vom Preis und der Reichweite der neuen Stromer ab, sagte Bertil Moldén vom schwedischen Autobranchenverband.