Groß Glienicker See verschenkt

Das Land übergibt das vor der Privatisierung gerettete Gewässer an die Stadt Potsdam

Das Wasser des Groß Glienicker Sees ist in der Regel sehr sauber und im Moment nicht besonders kalt. Ein Mann steigt zum Schwimmen hinein. Dabei filmt ihn das rbb-Fernsehen. Die Journalisten sind am Mittwochnachmittag zu einem Termin auf der Badewiese erschienen, den Finanzminister Christian Görke (LINKE) als »sehr schön« bezeichnet. Bei strahlend blauem Himmel übergibt der Minister an einem Badestrand 36 Hektar des Groß Glienicker Sees an die Stadt Potsdam. Die übrigen 30 Hektar gehören dem Land Berlin, das am jenseitigen Ufer liegt.

Es ist Jahre her, dass der Umweltaktivist Carsten Preuß aus Zossen eine Petition beim Bundestag einreichte, um die weitere Privatisierung ostdeutscher Seen zu stoppen. Zehntausende Unterschriften sind damals für dieses Anliegen geleistet worden. Unentgeltlich, wie Preuß es verlangt hatte, trat der Bund die Seen zwar nicht an die Kommunen ab. Doch der Druck führte immerhin dazu, dass der Bund einwilligte, die bis dahin noch nicht privatisierten Gewässer relativ billig an die Länder zu veräußern.

Auch Brandenburg griff zu und erwarb 186 Seen im Bundesland für zusammen 6,8 Millionen Euro. Schrittweise gibt Brandenburg diese Seen an die Kommunen ab. 116 Seen haben auf diese Weise schon den Besitzer gewechselt. Bislang gab es nach Angaben des Finanzministeriums lediglich einen Fall, in dem weder die Gemeinde noch der Landkreis den See haben wollten.

Schließlich kostet das auch ein bisschen was, auch wenn das Land die Seen verschenkt. Unumgänglich ist die Grunderwerbssteuer. Potsdam muss für den Groß Glienicker See jetzt einmalig 2350 Euro Steuer berappen. Dazu kommen die jährlichen Unterhaltskosten von ungefähr 30 000 Euro. Denn beispielsweise muss der Uferbereich gepflegt werden und umgestürzte Bäume sind wegzuräumen. Diesen Ausgaben stehen bloß 500 Euro Pacht pro Jahr für Fischereirechte gegenüber.

Die Stadt übernimmt den See trotzdem gern. Für Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ist dies nämlich auch ein »Signal« für einen für die Allgemeinheit offenen Uferweg. Zwischen 1961 und 1989 hatte der See genau auf der abgeriegelten Grenze zwischen der DDR und Westberlin gelegen und war deshalb von Groß Glienicke aus nicht zugänglich. Inzwischen sperrten mehrere Anrainer den Uferweg, der über ihre Privatgrundstücke führt. Mit zwei Anliegern habe sich die Stadtverwaltung einigen können, berichtet Oberbürgermeister Jakobs. Gegen die übrigen läuft beim Innenministerium ein langwieriges Enteignungsverfahren.

2008 habe sich bei einer Bürgerbefragung eine überwältigende Mehrheit der Einwohner von Groß Glienicke für den Zugang zum See ausgesprochen, erinnert Ortsvorsteher Winfried Sträter. So ist es kein Wunder, dass es am Mittwoch von der kleinen Zuschauermenge spontanen Applaus gibt, als Finanzminister Görke sagt: »Wir haben dem Bund für die 186 Gewässer eine einstellige Millionensumme gezahlt, weil wir wollten, dass Seen, die mal volkseigen waren, dem Gemeinwesen gehören.«

Oberbürgermeister Jakobs gibt den gerade erst vom Minister übereigneten Groß Glienicker See symbolisch sofort weiter an Ortsvorsteher Sträter. »Ihnen gehören damit nun auch zwei Inseln, für die sie einen Namen finden müssen«, sagt Jakobs mit einem Blick aufs Wasser schmunzelnd. Im Scherz schlägt jemand zwei Inselnamen vor: »Christian und Jann.«

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