Ausbeutung mit System

Lena Tietgen über die prekären Einkommensverhältnisse von Sprachlernkräften

  • Lesedauer: 2 Min.

Seit der Flüchtlingsbewegung hat die Arbeit von DaF/DaZ-Lehrkräften an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen, ohne dass die Infrastruktur sich verbessert hätte. Dies ist nicht verwunderlich, da weder dieser Markt frei ist noch die Politik genügend verantwortlich handelt.

Das Problem ist systemimmanent. Die Ausbildung der Sprachlernkräfte führt auf den freien Markt, der zuvor durch den Aufwuchs an Weiterbildungsinstituten und das größer werdende Studienangebot an den Universitäten gesättigt war. Gemäß Angebot und Nachfrage sanken die Honorare, wurden Anstellungen rar. Dies änderte sich 2015 schlagartig und der Bedarf an Lehrkräften stieg. Doch weder regelten Träger und Staat nach noch konnten Lehrkräfte über Einzelverträge bessere Arbeitsbedingungen aushandeln. Hintergrund ist, dass der Staat hier sowohl als politischer Akteur wie als Unternehmer agiert. Er wird zum Monopolisten. Mit dem Integrationsgesetz stellte er auch die Spielregeln auf. Die eingestellten arbeitslosen Lehrkräfte mit fehlender oder geringer Berufserfahrung erhielten kaum oder keine Einarbeitungshilfe. Wo es nicht anders ging, arbeitete man mit Quereinsteigern. Honorare blieben niedrig, Anstellungen befristet.

Zudem erwiesen sich mangelhafte pädagogische und psychologische Kenntnisse der DaF/DaZ-Lehrkräfte für sie selbst als massive Belastung. Mit Fug und Recht kann man hier von einer Ausbeutung eines ganzen Berufsstandes sprechen. Dass sich die Betroffenen anfangen zu organisieren, ist notwendig. Dennoch muss Politik handeln und systemisch eingreifen. Eine Mindesthonorargrenze ist das eine, das andere die Öffnung des Studiums DaF/DaZ zum Lehramt.

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