nd-aktuell.de / 08.07.2017 / Politik / Seite 2

Grüner Wortbrecher

Hamburgs Justizsenator von den Grünen wollte keine Verbotszonen zum G20-Gipfel, dann gab es doch welche

Aert van Riel

Till Steffen twitterte eifrig Bilder vom Protest gegen den G20-Gipfel. Darauf sind Menschen zu sehen, die auf der Alster paddeln oder mit Plakaten durch die Stadt ziehen. Auch grüne Parteikollegen des Justizsenators, die die fehlende Klimapolitik des US-Präsidenten Donald Trump kritisieren, grinsen in die Kamera. Was ansonsten in Hamburg passierte, zeigte Steffen nicht in seiner Fotosammlung. Sperrzonen in der Innenstadt, Wasserwerfereinsätze und Prügelattacke der Polizei oder die Räumung des Protestcamps an der Elbe waren ihm nicht einmal eine Erwähnung wert. Denn diese Bilder stehen im Widerspruch zum Versprechen, das der 43-Jährige im April gegeben hatte. Jeder, der gewaltfrei demonstrieren wolle, »wird dazu die Möglichkeit haben«, hatte Steffen getönt. Verbotszonen für Demonstrationen dürfe es nicht geben.

Die Möglichkeiten der Grünen in der Regierung sind eingeschränkt. Beim Vorgehen gegen die Proteste, das zum Teil ohne Rechtsgrundlage erfolgte, hat SPD-Innensenator Andy Grote das Sagen. Immerhin sollen Steffen und seine Parteikollegen bei einer Senatsvorbesprechung intern die Polizei kritisiert haben. Sie haben den Verdacht, dass die Beamten den Aufbau des Camps bewusst behindert haben, um einen für sie positiven Gerichtsbeschluss erwirken zu können. Allerdings haben sich die Grünen nicht effektiv dagegen gewehrt.

Steffens Anpassungsprozess im Politikbetrieb ging schnell vonstatten. 1991 gründete er mit Tarek Al-Wazir die Grüne Jugend Hessen als Karrieresprungbrett. Mit 34 Jahren wurde der promovierte Jurist erstmals Justizsenator in der schwarz-grünen Hamburger Regierung, die nach zwei Jahren zerbrach. In dieser Legislatur treibt ihn etwa die Frage um, wie man die Strafgefangenen des Stadtstaates mit geringem Personalaufwand bewachen kann. In diesem Sinne ist auch, dass unliebsame Personen, die das Treffen der Staats- und Regierungschefs stören, in Minizellen gesperrt werden können. Im Stadtteil Harburg wurde eigens für den G20-Gipfel eine Sammelstelle für 400 Gefangene errichtet.