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Im Sozialamt diskriminiert

SPD lehnt Gesetzentwurf der Grünen zum Schutz vor Benachteiligung ab

  • Jana Klein
  • Lesedauer: 3 Min.

Die SPD-Landtagsfraktion weist einen von den Grünen gemachten Vorschlag für ein Gesetz zurück, das den Diskriminierungsschutz auf staatliche Akteure ausweiten sollte. Das bedauert der Verein »Opferperspektive«, der eine Diskriminierungsberatung betreibt. Die Grünen sind enttäuscht. Ihr bereits im Sommer 2016 eingebrachter Gesetzentwurf habe unter Experten ein positives Echo hervorgerufen, sagen sie. Die SPD wiederum stützt sich auf die Kritik der Kommunen: Die hätten das Gesetz als »Bürokratiemonster« gefürchtet.

Cristina Martín von der »Opferperspektive« kritisiert: »Die hier bestehende Schutzlücke, die nur auf Landesebene geschlossen werden kann, wird fortbestehen.« Das Land stehle sich aus der Verantwortung, weil es sich weigere, Regelungen einzuführen, die für Privatpersonen auf der Grundlage des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes des Bundes seit über zehn Jahren verbindlich seien. Der Verein stoße in seiner Beratungspraxis immer wieder auf Fälle, bei denen von Diskriminierung zum Beispiel auf Sozialämtern oder in Schulen berichtet werde. Diese seien zwar zu diskriminierungsfreiem Handeln verpflichtet. In der Praxis lasse sich ein Verstoß aber bei gegenwärtiger Rechtslage wesentlich komplizierter ahnden als gegenüber privaten Stellen wie etwa Firmen, die beispielsweise aufgrund von Hautfarbe oder sexueller Orientierung ein Arbeitsverhältnis verweigern.

Der SPD-Abgeordnete Erik Stohn betont, Brandenburg müsse sich beim Thema Diskriminierungsschutz nicht verstecken. »Gerade mit dem letzten Haushalt wurde die Landesstelle für Chancengleichheit personell gestärkt. Diese kann nun vermehrt Maßnahmen zum Diskriminierungsschutz anstoßen«, sagt er. Bei der im Gesetz vorgesehenen Beweislastumkehr wäre ein großer Dokumentationsaufwand entstanden. Der Entwurf sei als »Misstrauensvotum gegenüber den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes« empfunden worden.

Die Grünen erinnern, ihr Gesetzentwurf sei vorher mit SPD und LINKE besprochen gewesen. Man sei davon ausgegangen, dass das Anliegen von den Koalitionsfraktionen geteilt werde. Die SPD erteile nun einem »gesellschaftspolitisch wichtigen Projekt« eine Absage. Es reiche nun einmal nicht aus, Antidiskriminierung als Staatsziel auszugeben. Das sei 2013 durch eine Änderung der Landesverfassung geschehen. Die Menschen müssten ihre Rechte aber notfalls auch einklagen können. Die LINKE hatte ein Antidiskriminierungsgesetz in ihr Programm zur Landtagswahl 2014 geschrieben. Es war ihr aber danach nicht gelungen, dies in den Koalitionsvertrag mit der SPD hineinzubringen. Die SPD sollte sich ein Beispiel an Berlin nehmen. Dort stehe ein Landesantidiskriminierungsgesetz im Koalitionsvertrag von SPD, LINKE und Grüne, erinnert Safter Çınar vom Türkischen Bund Berlin-Brandenburg.

Der Abgeordnete Andreas Bernig (LINKE) sagte dem »nd«, er präferiere nun zunächst »eine unterschwellige Lösung mit einer neuen Regelung für die Landesstelle für Chancengleichheit, die den weiteren Bedarf nach gesetzlichen Maßnahmen ermittelt«. Auch beim Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz des Bundes bestehe gegenwärtig Reformbedarf. Unter anderem müsse das Verbandsklagerecht eingeführt werden. Allerdings sperre sich die Bundesregierung bislang. Nach einer Ausweitung des Auftrags und des Personals der Landesstelle für Chancengleichheit werde man weitersehen. »Wir werden da dran bleiben«, verspricht Bernig.

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