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Eine Schule wie im 19. Jahrhundert
Streit um ein Jungen-Gymnasium, das Opus Dei in einer alten Potsdamer Kaserne bauen möchte
Sie haben ihren Oberen blinden Gehorsam versprochen. Viele tragen Bußgürtel und lieben den Schmerz - die Mitglieder von Opus Dei, dem geheimen, fundamentalistischen, rechtskatholischen Eliteorden des Papstes. Rund 80 000 Mitglieder soll es weltweit geben, 600 in Deutschland. Sie sind auch in Potsdam aktiv. Eine Gruppe von Opus-Dei-Mitgliedern will dort ein Jungen-Gymnasium errichten. Der Antrag liegt beim Ministerium.
Zu einem Info-Abend hatten die Initiatoren in die St. Antonius-Kirche (Babelsberg) geladen. Und hinter den frommen Mauern begann es gleich mit Ärger. »Film- und Tonaufnahmen sind verboten«, so wurde die Zensurmaßnahme von Moderatorin Charlotte Rybak verkündet.
Worum geht es bei dem Projekt? Auf dem städtischen Gelände der Ruinenberg-Kaserne im Bornstädter Feld soll ein Gymnasium nur für Jungen entstehen - für etwa 300 Schüler. Der Unterricht: Christlich geprägt, der Religionsunterricht von einem Opus-Dei-Priester abgehalten.
Christoph Rüssel, Chef der Elterninitiative für diese Schulgründung: »Wir verstehen uns als Alternative zum bestehenden Schulsystem.« Horst Hennert, Vorstandsmitglied der Gruppe: »Wir wollen eine Schule mit einem neuen Klima.« Die Schüler sollen seelsorgerisch betreut werden, um ihnen die christlichen Werte zu vermitteln. Dazu gehört auch eine wöchentliche Schulmesse. Latein Pflicht, Altgriechisch wahlweise.
Warum aber keine Koedukation? Rüssel: »Mädchen und Jungen entwickeln sich verschieden. Jungen interessieren sich mehr für Naturwissenschaft und Sport. Mädchen mehr für Sprachen und soziale Dinge.« Ergo: Getrennte Schulen.
Dass die Rechtslage da problematisch ist, gab auf dem Podium Ulrich Müller zu, der Anwalt der Gruppe. Denn in Brandenburg ist die gemeinsame schulische Erziehung von Mädchen und Jungen gesetzlich festgeschrieben. Doch der Jurist sieht ein Schlupfloch: Dies gelte nicht für Schulen, die in den Händen von privaten Trägern seien.
30 Minuten für Fragen habe man, verkündete dann die dauerlächelnde Charlotte Rybak. Zeit für Ärger Nr. 2: Denn flugs erhob sich Steeven Bretz (Fraktionsvorsitzender der CDU Potsdam), um zu klagen: »Sehr weh« habe es ihm getan, dass die Stadtverordnetenversammlung sich gegen dieses Projekt ausgesprochen habe. Und er beschwor die preußische Tradition bis hin zum alten Fritz, die doch religiöse Toleranz versprach. Er prognostizierte dann doch noch eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung für das Opus-Dei-Gymnasium. Beifall brandete auf. Bretz tätschelte dann seine JU-Jungs links und rechts, verließ den Saal (»Ich habe noch einen weiteren Termin«).
Mike Schubert, der SPD-Amtskollege, meldete sich zu Wort - ziemlich angesäuert. »Die CDU hat die Veranstaltung gesprengt und umfunktioniert«, so seine Kritik. Denn statt Fragen zu stellen, habe der CDU-Mann eine Wahlkampfrede gehalten. Die Frage, die Schubert selbst stellte: »Ist das Grundstück denn schon gekauft?« Die Vertreter der Initiative auf dem Podium taten sich schwer mit der Antwort. Erst nach Bohren von Schubert kam von Rechtsanwalt Müller leise die Antwort: »Nein«.
Wie wird es weitergehen? Vielleicht gelingt eine Überraschung: Die Stadt soll auf ihrem Grundstück selbst eine öffentliche Schule errichten, so eine SPD-Idee. »Dann suchen wir weiter«, konterte die Initiative. Und wenn das Ministerium ablehnt (Entscheidung wohl in Kürze)? »Wir werden alle rechtlichen Mittel ausschöpfen - bis hin zu Prozessen.«
Die Elterninitiative gibt sich dabei entspannt und siegessicher Vielleicht auch, weil sie die Geschichte ihrer katholischen Ki...
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