Anschlagsserie fortgesetzt

In Neukölln brannten in der Nacht zwei Autos von Frauen, die sich gegen Rechts engagieren

  • Jana Klein
  • Lesedauer: 3 Min.

Im südlichen Neukölln sind in der Nacht zu Dienstag zwei Autos ausgebrannt. Sie gehörten der SPD-Bezirkspolitikerin Gabriela Gebhardt sowie Christel Jachan vom Aktionsbündnis Rudow gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Die mutmaßlichen Brandanschläge erfolgten in zeitlicher und räumlicher Nähe zueinander. Damit steigt die Zahl der Attacken gegen linke Aktivisten der aktuellen Serie auf 47.

Ein Zeuge hörte in Buckow ein Geräusch auf der Straße und entdeckte das brennende Fahrzeug, das von Gebhardt genutzt wird. Das teilte die Polizei mit. Die vom Zeugen alarmierte Feuerwehr löschte den Brand im Wiedehopfenweg, zu diesem Zeitpunkt war das Auto jedoch bereits völlig zerstört. In der Schönefelder Straße in Rudow bemerkte ebenfalls ein Nachbar ein brennendes Auto und rief die Feuerwehr. Als diese schließlich anrückte und den Brand unter Kontrolle bekam, waren im Bereich der Front und der Motorhaube bereits starke Schäden aufgetreten.

Den Verdacht, dass es sich auch diesmal wieder um Täter aus dem rechtsextremen Spektrum handeln könnte, wollte die Polizei indes gegenüber dem »nd« nicht aussprechen. Dennoch hat der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

Die Anschläge reihen sich ein in eine Serie von Attacken. Anfang Mai brannte das Auto einer Neuköllner Flüchtlingshelferin aus. Bereits Ende Januar traf es das Kraftfahrzeug eines Gewerkschafters und Buchhändlers, der in seinem Laden unter anderem eine Veranstaltung unter dem Motto »Was tun gegen die AfD?« organisiert hatte. Der Buchladen wurde mit Steinwürfen durch die Fensterscheiben kurz vor der Veranstaltung attackiert. Ebenfalls im Januar brannte der Wagen von Mirjam Blumenthal, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln.

Seit dem 15. Mai 2016 schon müssen Menschen, die in Neukölln gegen rechts aktiv sind, mit Einschüchterungsversuchen und Anschlägen leben. An diesem Tag gab es erstmalig seit längerer Zeit einen Brandanschlag - auf den Wagenplatz »Kanal«. Die damals entdeckten sechs Feuerherde konnten die Bewohner rasch löschen. Kurz vor dem Jahreswechsel traf es die Wohnung eines linken Aktivisten, als mit Farbe gefüllte Flaschen durch die Fensterscheiben in ein Zimmer krachten. In der Wohnung hielten sich mehrere Personen auf, darunter Kinder.

Matthias Müller von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) sagte dem »nd«, mit den Angriffen in der Nacht auf Dienstag zähle man insgesamt 47 Attacken der aktuellen Serie. Dabei handele es sich um 14 Brandanschläge, elf davon auf Autos im südlichen Neukölln. Außerdem seien zweimal Gebäude mit Brandmitteln angegriffen worden. Dazu kämen noch 21 Bedrohungen über das gesamte Stadtgebiet hinaus, die man aufgrund eines ähnlichen Musters zusammenfasse. Elfmal in Neukölln, siebenmal im Wedding gab es Schmierereien mit meist roter Farbe an den vermeintlichen Hauswänden und Hauseingängen von Aktivisten. Die Angegriffenen hätten, so sie sich von der MBR beraten lassen haben, unterschiedlich reagiert: von Betroffenheit über Wut bis hin zur festen Entschlossenheit, sich nun noch stärker zu engagieren. Bislang habe sich niemand vom Engagement gegen Rechts abbringen lassen. »Wir hoffen, dass das auch weiterhin so bleibt«, sagte Müller. Der Neuköllner Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu (SPD) kündigte am Dienstag auf Facebook an: »Wir werden der Gewalt niemals weichen.«

Von Freitag bis Sonntag finden drei Aktionstage für ein offenes Neukölln statt: www.offenes-neukölln.de

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